„Die falschen Zeiten um Versuchsballone zu starten“

Leserbrief von Norman Wille,
Vaduz

Das scheint das „Credo“ einer unserer beiden grossen Parteien im Land zu sein. Die „falsche Zeit für Versuchsballone“, daran glauben Menschen, die Angst haben vor Veränderung. Das sind diejenigen unter uns, die sich derart in unserem System eingerichtet haben, dass sie jede Risikobereitschaft, jeden Mut für Neues längst an der Autotür ihres „Wagens der deutlich gehobenen Mittelklasse“ abgegeben haben.  Genau solche Leute brauchen wir nicht in der Politik. 

Doch. Es sind exakt die richtigen Zeiten, um „Versuchsballone steigen zu lassen“.  Es sind die Krisen, es sind die Herausforderungen, die uns in der Geschichte immer weiter gebracht haben. Mit dem Unterschied, dass wir damals noch Menschen in der Führung gehabt haben, denen genau das noch bewusst war. Menschen, die sich noch nicht in einer Welt bewegt haben, in der die eigene Solaranlage auf dem Eigenheim und der neueste Tesla die wichtigsten Ereignisse in ihrem Leben darstellen.

Ich vermisse jene Menschen in der Politik, die nicht bei jedem Lufthauch nach Brüssel und Strassburg schielen, um nachzusehen, worüber sie sich jetzt besser keine Gedanken machen, weil die anderen es für sie tun. Vor 30 Jahren, anlässlich der EWR -Abstimmung, hat man uns erzählt, dass wir auf den „Europäischen Zug“ aufspringen sollen. Ich habe damals schon die Auffassung vertreten: Es ist völlig richtig, auf den europäischen Zug zu setzen. Solange er auch in die richtige Richtung fährt. Aus der tiefen Ueberzeugung heraus, dass 30.000 Brüsseler Beamte nicht geeignet sein werden, diesen Zug dahin  zu führen, wohin er fahren sollte, habe ich damals ein Nein in die Urne gelegt. Man sollte sich selber treu bleiben, so gut es geht.

Keine Selbstkritik unserer Interessenvertretungen. Kein Mut zur Veränderung. Die immer gleichen „Schön-Wetter-Mannschaften“. Na ja: „Uns geht es gut, so soll es bleiben“. Ja, es bleibt alles beim Alten. Das mit Sicherheit.