Neues Medien- und Medienförderungsgesetz – eine Auseinandersetzung

Leserbrief von Dipl. Ing. Dr. Norbert Obermayr, Mauren

Die Bedeutung der Medien für die Information als Basis jeder Entscheidung ist unbestritten und auch unverzichtbar für das Funktionieren einer Demokratie, aber auch für das verständnisvolle Zusammenleben in einer Gesellschaft. Drei wesentliche Funktionen kommen dabei den Medien zu:  eine Informationsfunktion, eine Meinungsbildungsfunktion, und
eine Kontrollfunktion, in den Bereichen Politik, Wirtschaft und  Gesellschaft.

Medien tragen durch die Informationsfunktion zur Stabilität des politischen Systems bei, und durch die Meinungsbildung und Aufzeigen von Entwicklungen zum stetigen Wandel der Gesellschaft. Dies kann nur dann erfolgen, wenn Medien über alle wichtigen Bereiche der Gesellschaft, d. h. insbesondere Politik, Wirtschaft sowie Kultur und Soziales so vollständig, sachlich und verständlich wie möglich informieren, in freier und offener Diskussion zur Meinungsbildung beitragen und mit Kritik und Kontrolle durch investigativen (nachforschenden und aufdeckenden) Journalismus begleiten.

Medien nehmen damit unverzichtbar verschiedene Rollen ein, sind Vermittlern und Hütern in einem. Es kommt, wenn man die Realität in der liechtensteinischen Medienlandschaft ansieht, einem Wunschdenken gleich, wenn in der Zusammenfassung im BuA angemerkt wird, wenn „die Regierung zum Schluss [kommt], dass Liechtenstein über ein fortschrittliches und technologieneutrales Medienförderungsgesetz verfügt», und «anerkannte …, dass punktuelle Verbesserungen bei der Förderung notwendig wären, insbesondere im Hinblick auf den Umfang der Medienförderung sowie die Innovationsförderung». Ein modernes Medienförderungsgesetz muss jene Aufgaben und Rollen der Medien fördern, die dem Informationsauftrag an eine demokratische Gesellschaft genügen.

Welche Elemente muss demnach eine Förderung beinhalten, damit dem Auftrag genüge getan wird?

Grundsätzlich ist vom «Nutzen» (siehe Einleitung) auszugehen, der der Bevölkerung geboten wird. Eine klare Richtlinie, wann und in welchem Umfang Medienförderung geleistet wird (vgl. BuA Seite 17), ist unabdinglich. – Da sind einmal Artikel – oder Rundfunkberichte – zu nennen, die eine umfassenden Information enthalten. Dies kann auch in zwei oder mehr in unmittelbarem Zusammenhang stehende,  aber einseitig-darstellende Artikel geschehen, wenn diese jeweils als solche in der jeweiligen Meinung deklariert sind. Investigativer Journalismus übt Kontrolle aus, indem über aktuelle Ereignisse und Vorhaben geschrieben wird, mit Angaben der Intention der Vorhaben und deren mögliche bis wahrscheinliche Auswirkungen in einer Darstellung aller Für und Wider. Es kann in diesem Zusammenhang sinnvoll sein, wenn dies von unterschiedlichen Standpunkten aus betrachtet wird. Ein verpflichtendes Redaktionsstatut muss als Garant diese umfassende Information sicherstellen, und die Einhaltung muss von neutraler Stelle überprüft werden.

Liechtenstein nimmt durch die Meinungsäusserung der Bevölkerung in Form von Leserbriefen eine besondere Stellung ein. Auch werden immer wieder Meinungen anderer Personen abgedruckt. Die Möglichkeit der Meinungsäusserung soll ein weiteres Kriterium für eine Förderung darstellen, wobei es keiner Redaktion überlassen werden darf, ob überhaupt und in welchem Umfang dies erfolgen kann.

Dass diese Beiträge auch einem ethischen Standpunkt genügen müssen versteht sich von selbst, und das wären auch berechtigte Verweigerungsgründe.

Um neuen Medien die Möglichkeit zu geben, sich zu etablieren, ist eine Anschubförderung zweckmäßig. Dazu bedarf es aber der Darstellung eines förderungswürdigen Geschäftsmodelles, das in einem Businessplan niedergeschrieben sein muss. Dazu gehören auch Investitionen in neue Medienkanäle (Stichwort Digitalisierung), in journalistische Ausbildung und in Aufwendungen für die Verbreitung der Inhalte.

Unter Punkt 1.2 Private Medien und Service Public wird nur der dzt. öffentlich-rechtliche Rundfunk als Service Public ausgewiesen. Diese Anforderung muss aber grundsätzlich Grundlage einer Medienförderung sein, denn diese darf nur jenen Medienunternehmen gewährt werden, die einen öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen, wenn auch nur in Teilbereichen. «Während der öffentlich-rechtliche Rundfunk zur unabhängigen, ausgewogenen und politisch neutralen Berichterstattung verpflichtet ist und einen klaren Programmauftrag erfüllen muss, haben private Medien keinen konkreten Leistungsauftrag. Sie müssen sich zwar an die Grundsätze der journalistischen Sorgfalt

halten (Art. 7 Mediengesetz), können aber im Rahmen der Pressefreiheit durchaus eine politische Ausrichtung vornehmen, um sich an ein bestimmtes Zielpublikum zu richten.» Hier muss bereits die Frage, wann ein Medium eine Förderung beanspruchen kann, geklärt sein. Ein Medium, das sich an ein bestimmtes Zielpublikum richtet, muss von jeder Medienförderung zumindest in dem Teil des Mediums ausgeschlossen sein, der diesem Zielpublikum dient. Medienförderung (siehe Zweck der Medienförderung) muss die Grundlage einer demokratisch veranlassten Meinungsbildung als Entscheidungsgrundlage fördern.

Der Kriterienkatalog, nach dem journalistische Beiträge beurteilt und eingestuft werden, können sich an den Inhalt Seite 31 (Transparenzerfordernisse) orientieren: «Medien und Journalisten haben sich bei ihrer Arbeit der Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit bewusst zu sein, damit sie ihre Rolle als vierte Gewalt in einer Demokratie ausfüllen können. Ein Journalistenkodex … beschreiben sowohl Pflichten wie auch Rechte für die Ausübung des journalistischen Berufes. … Ein solcher Kodex, der die medienethischen Prinzipien festlegt und durchsetzt, ….» soll Basis der Medienförderung werden. Ein Redaktionsstatut muss dazu Grundlage sein (Förderungskriterium); es ist jedoch seitens der Medienkommission darauf zu achten, dass das Redaktionsstatut auch eingehalten wird. Dazu muss es Sanktionsmöglichkeiten bei Verstössen geben, die – abgestuft und zeitlich begrenzt – bis zur gänzlichen Entzug der Medienförderung führen können. Eine Rüge ist kein wirksames Instrument (Seite 32 1. Absatz).

Eine Medienförderung in Form eines Sockelbetrages fördert nach dem Giesskannenprinzip alle Medien, die den Kriterien einer Medienförderung entsprechen, unabhängig von deren Grösse und inhaltlicher Abdeckung förderungswürdiger Beiträge. Es würde damit nicht zwischen Boulevardblätter und Qualitativjournalismus unterschieden. Auch die Förderung der Lohnkosten kann an sich kein sinnvoller Förderbeitrag sein, denn dieses Kriterium widerspricht der kaufmännischen Sorgfalt nach Wirtschaftlichkeit; es würde eine übergrossen Belegschaft bedingen. Daher kann als Förderkriterium einzig der Nutzen für die Gesellschaft dienen. Anstatt der Lohnkostenförderung kann eine Kennzahl darüber Aufschluss geben, welcher Leistungsumfang von einem Journalisten geleistet werden kann, und nach dem tatsächlichen Artikelumfang (periodenbezogen) kann eine Abgeltung der Lohnkosten erfolgen. Für jedes Medium soll periodenbezogen ein Anteil ermittelt werden, der den Umfang der gesellschaftspolitisch wertvollen Artikel zum Gesamtumfang darlegt. In diesem Umfang können auch die weiteren Fördermittel der Höhe nach festgelegt werden, wie beispielsweise die Verbreitungskosten. Dies kann auch als Basis für Investitionskosten (elektronische Medien) herangezogen werden, denn es soll nur jener Anteil gefördert werden, der eben dem Informations- und Bildungsauftrag entspricht bzw. diesem dient.

Alle Formen der Mediengestaltung sind dem Prinzip nach gleich zu behandeln. Was bei Printmedien (und bei elektronischen Medien) das beschriebene «Blatt» ist, ist bei Rundfunk der Hörbeitrag und beim Fernsehen der Fernsehbeitrag/Film. Die investitionstechnische Ausgestaltung ist aber sehr unterschiedlich. Dies soll auch in einer Investitionsförderung berücksichtigt werden.

Medienkommission

Die Medienkommission muss unabhängig von jeder politischen Einflussnahme aufgestellt sein und arbeiten können. «Politik dürfe jedoch niemals Journalismus kontrollieren und bereits der Anschein davon wäre schädlich für das Ansehen des Landes. …» (Seite 61) Auch eine Regierung wird parteipolitisch nach dem Wahlergebnis inthronisiert. Daher ist die Regierung als Bestimmungsorgan genauso wenig geeignet wie der Landtag. Personelle Besetzungen sind daher unabhängig zu treffen; die kann durch eine Personalbesetzungsstelle erfolgen.

Durch die Änderungen und Ausweitungen der Aufgaben und der Befugnisse der Medienkommission darf zu keiner Mehrbelastung der Regierung bzw. der Regierungsmitarbeiter führen. Die Aufgaben von Landtag, Regierung und Medienkommission (und ev. Presserat) sind strikt voneinander zu trennen.

Resümee

Die beschriebene Förderung berücksichtigt nicht, inwieweit in einem Medium (Zeitung, Zeitschrift, Fachzeitung, Radio, Fernsehen) Inhalte angeboten werden, die dem Medienförderungsziel (das nicht definiert ist) entsprechen. Unabhängig davon werden Lohnkosten und Vertriebskosten gefördert. Dies stellt eine Förderung aller Medieninhalte dar, auch jener, die einem anderen Zweck wie beispielsweise der «Information» vom angestrebten Klientel dienen. Das Medienförderungsziel muss zum Inhalt haben, Menschen umfassend und neutral zu informieren, ihnen Wissen zu vermitteln, z. B. Ergebnisse der Wissenschaft sowie Dokumentationen und vergleichbares mehr.

Das Erfordernis, die Medienförderung auf eine neue Basis zu stellen, ist dringend geboten und wird durch die einseitige Berichterstattung vor allem im einzig verbliebenen täglichen Printmedium überdeutlich vorgeführt. Das Redaktionsstatut der Vaduzer Medienhaus AG wird nicht angewendet  und auch nicht eingefordert oder gar sanktioniert. Dazu fehlt es einerseits bei einigen Akteuren an Willen, bei anderen an rechtlichen Möglichkeiten.

Das vorgelegte Medienförderungsgesetz ist in dieser Form nicht in der Lage, einen Qualitätsjournalismus mit Qualitätsmedien zu fördern. Vielmehr ist zu erwarten, dass es auf eine reine Erhöhung der Förderung hinausläuft. Es ist aber auch nicht oder zumindest kaum in der Lage, neuen Medien einen risikoarmen Start zu ermöglichen. Damit wird das Ziel, mehr Medien im Land zu etablieren, nicht konsequent unterstützt.

Es wird zwar erwähnt, dass Journalismus nicht von der Politik beeinflusst werden darf, aber die geplante Organisation ist nur ein Wechsel von einer grösseren politischen Einheit (Landtag) auf eine kleiner Einheit (Regierung) übertragen. Die Medienkommission muss neutral zusammengestellt werden und braucht eine erweiterte Aufgaben- und Kompetenzstruktur. Ob Medienförderung gewährt wird, muss auf klaren Vorgaben beruhen, kann aber andererseits auch nicht ohne Konsequenzen bleiben, wenn gegen die Förderrichtlinien verstossen wird.