«Songs of Homecoming» heisst das neue Album der Band «The Beauty of Gemina», welches am 13. September 2024 erschienen ist. Das Werk ist bereits die zehnte Albumveröffentlichung der Liechtensteiner Formation und zeigt, wo die Band zu Hause ist: bei einzigartiger, melancholischer Musik.
Text: Christian Imhof
Zeit mit wertvollen Inhalten verbracht
Den Titel des Albums habe sich die reisefreudige Band dieses Mal von Anfang an als Wegweiser und Begleiter während des Schaffensprozesses zur Brust genommen. Das Nachhausekommen sei auch eine Reise zu den Wurzeln der eigenen Diskografie gewesen. «Die Idee kam mir vor etwas mehr als einem Jahr, und so reiste ich wieder einmal nach Südengland, wo ich vor knapp 18 Jahren an meinem Debütalbum getüftelt hatte. Ich wollte zurückkehren an gewisse Orte und Plätze. So kam dann eines zum anderen. Texte entstanden, und ich habe viel fotografiert. Die Fotos sieht man jetzt im Booklet der CD. Auch das Cover ist dort entstanden. Alles in allem ist es sicher das in sich stimmigste Album der ganzen Schaffenszeit.» Sele und seine Gefährten haben seit 2006 nicht nur zahlreiche Konzerte gespielt, sondern auch zehn Alben veröffentlicht. Dieses Jubiläum mache schon etwas mit ihm, wenn er sehe, wie viele andere Gruppen sich bereits nach dem zweiten Album auflösen. «Das fühlt sich gut an, auch dass ich immer meinen eigenen Weg gehen konnte, war ein grosses Privileg. Wenn ich zurückblicke und daran denke, wie viel Lebenszeit ich in all den Jahren in meine Vision The Beauty Of Gemina investiert habe, bin ich auch froh sagen zu können, dass ich die Zeit mit wertvollen Inhalten verbracht habe, so stand das Kreieren und künstlerische Schaffen immer an oberster Stelle.» Der ausbleibende ganz grosse kommerzielle Erfolg habe ihn dann letztlich auch nie belastet. «Mit jedem Album verbinde ich natürlich viele Erinnerungen, und irgendwie schliesst sich jetzt für mich schon auch ein Kreis.»
Ein nicht selbstverständliches Geschenk
Seit Anfang an mit von der Partie ist neben Sele der Schlagzeuger Mac Vinzens. Ihre enge Freundschaft bedeute ihnen beiden viel. In den knapp 20 Jahren Bandgeschichte habe es neben guten Zeiten selbstverständlich auch schlechte gegeben. «Natürlich waren da unverhoffte, unerwartete und auch schmerzhafte Momente und Trennungen dabei, aber das gehört sicher dazu, wenn man konsequent seine Ziele verfolgen und im Haifischbecken Musikbusiness nicht aufgefressen werden will.» Seit 2020 habe The Beauty of Gemina allerdings eine sehr konstante Live-Formation für die Rockshows, die sehr zu gefallen vermag. «Die Stimmung ist fantastisch, es gibt keine Nebenschauplätze, sondern es geht allen nur um die Musik und das Wohl von The Beauty Of Gemina. Die Jungs sind super drauf und top motiviert. Die neuen Songs, die wir wohlgemerkt alle spielen werden, klingen bereits nach den ersten Proben fantastisch, und ich denke, wir haben die beste Setliste aller Zeiten im Gepäck.» Schön sei es natürlich schon, wenn man Musik produziere, dass diese auch von der Anhängerschaft auf der ganzen Welt positiv angenommen werde. «Ohne diese treue und über die Jahre stetig gewachsene Fangemeinde wäre gerade das Spielen von Konzerten oder auf Tour zu gehen schon lange nicht mehr möglich gewesen. So war auch die langanhaltende Pandemie eine sehr grosse Zäsur, die mich hart getroffen hat, und vor allem im Ausland sah es eine Zeitlang wirklich sehr düster aus. Umso mehr war es fast ein Wunder, dass wir in Südamerika erneut grossartige Erfolge feiern konnten. Und wenn, wie im letzten Frühling, in Santiago de Chile oder São Paulo die Leute die Songs in einem vollen Club mitsingen und uns feiern, dann macht mich das auch demütig, und ich empfinde es immer noch als grosses Geschenk und kein bisschen als selbstverständlich.» Diese Fans erhalten nun eine neue Scheibe, die aus Sicht des Gitarristen und Sängers in musikalischer Hinsicht einerseits eine Art Rückbesinnung an die Anfänge der Band, andererseits aber einen guten Querschnitt durch das ganze Schaffen darstelle. «Ich finde das sehr zukunftsorientiert, aber klar ist auch: Das Debüt damals hätte nie so klingen können. Man merkt den Songs und auch den Texten meine stetig gewachsene Erfahrung und den Reifeprozess als Songwriter an. Über die Jahre habe ich immerhin knapp 150 Songs geschrieben, produziert und veröffentlicht.»
Der Tanz mit der Melancholie
Die Melancholie zieht sich durch das ganze Werk von The Beauty of Gemina. Doch auch wenn man in ihrem Repertoire keine Volksrock- und Hüttengaudi-Lieder finden wird, gebe es noch ein kleines Missverständnis, das laut Sele ausgeräumt werden müsse. «Es wäre falsch, zu glauben, dass diese Liebe zu melancholischer Musik und dunkleren Klängen mit meinem Gemütszustand zusammenhängt. Es ist eher das Gegenteil der Fall. Wenn es mir nicht gut geht, dann wird es still in mir. Ich brauche Harmonie, um aufzubrechen und in mystischen Tälern zu wandeln.» Die Lieder der Band berühren auf der ganzen Welt Herzen von Anhängern der dunklen Musikszene. In Buchs hat eine Autorin ausserdem dafür gesorgt, dass die Lieder in Buchform weiterleben, denn Alice Gabathuler hat Seles Songs als Inspirationsquelle für ihre Romane genommen. «Sie ist wirklich ein Phänomen, eine tolle Autorin und ein wunderbarer Mensch. Dass meine Songs sie so inspirieren konnten, macht mich stolz und freut mich wirklich sehr.» Generell sei ihm das Schreiben nicht ganz fern. Beispielsweise habe es ihm enorm Spass gemacht, das Buch «15 Jahre Hymnen an die Melancholie» zu schreiben. «So konnte ich zurückzukehren an all die Orte und Schauplätze, Begegnungen wiederaufleben lassen und mich an den eigenen Werdegang erinnern. Songs zu schreiben, die man selbst interpretiert, zeigt einem natürlich auch persönliche Grenzen auf. Beim Schreiben eines Textes gibt es diese nicht, alles ist dann möglich, das ist faszinierend und macht Lust auf mehr.»
Ab auf die Bühne
Ebenfalls ein wenig in den Fingern juckt es Michael Sele momentan, wenn es darum geht, endlich wieder live zu spielen. «Die Tour zum neuen Album startet am 26. September in Zürich, dann geht es nach St. Gallen und am 28. September ist das Heimkonzert und eine Art CD Taufe im Alten Kino in Mels. «Das ist ja meine musikalische Homebase. Anschliessend gehen wir für ein paar Shows nach Deutschland. Im Dezember spielen wir in Chur in der Werkstatt, dort treten wir mit dem zweiten Projekt, der sogenannten ‹Trio+›-Formation auf. Das ist eine intimere, aber dennoch sehr filmische Inszenierung meiner Songs. Ein wunderbares Projekt – und die Werkstatt ist der perfekte Rahmen.»
Weitere Informationen:
zu den Konzerten sowie auch zur neuen Veröffentlichung «Songs of Homecoming» gibt es unter: www.thebeautyofgemina.com