Nach rund zehn Jahren kehrt Doris Quaderer zu Radio Liechtenstein zurück. Dort hat sie die Radiobranche bereits in all ihren Facetten kennengelernt und war schliesslich stellvertretende Chefredaktorin. Ab dem 1. Januar ist sie Geschäftsführerin und publizistische Leiterin und will mithelfen, dem Sender wieder mehr Liechtensteinbezug und politische Relevanz zu verleihen.
Text: Heribert Beck
Als Doris Quaderer in den 1990er-Jahren ihre Ausbildung zur Kindergärtnerin begonnen hat, war ihr Weg in die Welt der Medien noch keineswegs vorgezeichnet. «Ich wusste zwar rasch, dass ich nicht als Kindergärtnerin arbeiten will. Trotzdem habe ich das Seminar abgeschlossen», sagt sie rückblickend. Auf diesen Abschluss folgte Doris Quaderer dem Ruf von «Up with People», einem internationales Bildungsprogramm für junge Leute im Alter zwischen 18 und 25 Jahren. «Wir waren 120 Personen aus 25 verschiedenen Ländern und sind ein Jahr lang gemeinsam quer durch die USA, Kanada, Schweden, Dänemark, Korea und Japan gereist. Ich habe in diesem Jahr in rund 50 Gastfamilien gewohnt, in jeder Stadt, die wir besucht haben, haben wir gemeinnützige Arbeit geleistet und eine Musical-Show aufgeführt. In dieser Zeit kam ich mit den Medien in Berührung», sagt Doris Quaderer. Und die Medien sollten sie nicht mehr loslassen. Zurück in Liechtenstein machte ein Freund sie darauf aufmerksam, dass Radio L Praktikanten sucht. «Ich meldete mich spontan und ich bekam eine Volontariats-Stelle.» Gleichzeitig lag die Weiterbildung der Jungjournalistin am Herzen. «Von 2002 bis 2004 machte ich an der Berufsmaturitätsschule Liechtenstein die BMS. Doch weil eine Abendschule schlecht mit Radioschichten kompatibel ist, wechselte ich zum ‹Volksblatt›.»
Gute Mitarbeiter garantieren für Qualität
Als Doris Quaderer die Berufsmatura erlangt und daraufhin mit dem Betriebswirtschaftsstudium begonnen hatte, kam bald ihr erstes Kind zur Welt. So wechselte sie zwei Jahre später wieder zu Radio L, wo sie von 2007 bis 2015 als Redaktorin sowie Nachrichtensprecherin tätig war und schliesslich als stellvertretende Chefredaktorin. «In dieser Zeit wurde ich Mutter von zwei weiteren Kindern. Parallel zu Job und Familie absolvierte ich von 2012 bis 2015 ich ein Nachdiplomstudium in Unternehmenskommunikation. Das war eine turbulente Zeit, aber ich hatte grosses Glück, dass mein Mann mich unterstützte und wir Hilfe von meiner Mutter, den Schwiegereltern sowie unserer Schwägerin hatten, die unsere Kinder regelmässig als Tagesmutter betreut hat», sagt Doris Quaderer.
2015 führte ihr Weg sie erneut zum «Volksblatt», bei dem sie mit Lucas Ebner die Chefredaktion übernahm «Ich blieb knapp drei Jahre. Es war eine spannende, aber keine einfache Zeit, weil sich die finanzielle Lage des ‹Volksblatts› negativ entwickelte und wir kaum eine Chance hatten, diesen Negativtrend zu stoppen. Ich musste miterleben, dass ein Medium, das dauernd ums finanzielle Überleben kämpft, kaum noch eine wichtige Rolle für die Medienvielfalt spielen kann. Denn dann ist es schlecht möglich, gute Leute zu rekrutieren und guten Journalismus zu machen. Irgendwann gerät man in eine Negativspirale: Die guten Leute gehen, die Qualität sinkt, die Einnahmen gehen weiter zurück, noch mehr gute Leute gehen und so weiter.» Gegangen ist 2018 auch Doris Quaderer, allerdings aus anderen Gründen. «Irgendwann wurde die Belastung zu gross – auch bezüglich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf –, denn als Zeitungsjournalist hat man nie wirklich Feierabend.» Doris Quaderer bekam die Chance, zur Liechtensteinischen Landesbank in die Kommunikationsabteilung zu wechseln. Dort fehlte ihr allerdings die Auseinandersetzung mit der Liechtensteiner Politik. «2020 wechselte ich zur Stiftung Zukunft.li, wo ich heute noch beschäftigt bin und einen sehr interessanten Job habe. Ich darf mich vertieft mit gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Fragen zu Liechtenstein auseinandersetzen, was sehr spannend und sinnstiftend ist.»
Mut, Kompetenz und Entschlossenheit im Verwaltungsrat
Doch nun ist es wieder der Journalismus, der Doris Quaderer anzieht. «In dieser Branche wird man dafür bezahlt, Fragen zu stellen und neugierig zu sein. So lernt man laufend dazu und ist bestens informiert. Ich liebe es, mich in komplexe Themen einzulesen, sie von verschiedenen Seiten zu beleuchten und sie so aufzubereiten, dass die Leute sie einfach verstehen können. Ausserdem trifft man als Journalistin ganz unterschiedliche Leute mit verschiedenen Expertisen und Geschichten. Ich finde es sehr spannend, herauszufinden, was die Menschen zu erzählen haben. Journalisten haben zudem eine wichtige Aufgabe in der Gesellschaft. Denn ohne gut aufbereitete Informationen funktioniert eine Demokratie nicht. Wie wichtig Journalisten sind, merkt man erst, wenn man in Länder mit autoritären Regimes schaut. Etwas vom Ersten, was dann ausgeschaltet wird, sind die unabhängigen Medien. Daher sollten wir möglichst Sorge tragen, dass wir verschiedene unabhängige Medien bei uns im Land haben», sagt Doris Quaderer und gibt damit bereits einen Hinweis, warum es sie ausgerechnet zu Radio Liechtenstein zieht, dessen Zukunft kurz vor der Abstimmung über die Privatisierungsinitiative alles andere als klar ist. Weiter führt sie aus: «Ich verlasse Zukunft.li nicht leichtfertig und werde mich dort bis Ende des Jahres mit voller Kraft einbringen. Die Arbeit ist wirklich interessant, und ich durfte viele wertvolle Kontakte knüpfen. Ich habe aber auch nach wie vor viel Herzblut für Radio Liechtenstein. Ich bin überzeugt, dass wir als souveräner Staat einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen. Daher habe ich beschlossen, meinen Beitrag zu leisten, damit der Sender weiterhin eine Chance hat.»
Gespräche mit dem Verwaltungsrat des Liechtensteinischen Rundfunks haben Doris Quaderer schliesslich überzeugt, dass dort kompetent und lösungsorientiert gearbeitet wird. «Mir hat sehr imponiert, wie rasch Verwaltungsratspräsident Jürg Bachmann erkannt hat, wo es hapert, und wie schnell er Nägel mit Köpfen gemacht hat. Er hat Mut und geht die Sache mit hoher Kompetenz, sehr strategisch und entschlossen an. Man hört jetzt bereits eine Veränderung am Sender. Es dauert aber natürlich länger, bis diese Strategie wirklich greift und das Radio wieder voll auf Kurs ist. Dazu braucht es aber auch ein gutes Team, das die Strategie operativ umsetzt und lokal vernetzt ist – und diesbezüglich kann ich mit meinem Hintergrund, meiner Erfahrung und meinem Netzwerk einen wichtigen Beitrag leisten.» Darüber, wie dieser Beitrag aussehen soll, wenn sie ab dem 1. Januar die Geschäfte von Radio Liechtenstein führt und die publizistische Leitung übernimmt, hat Doris Quaderer sich selbstverständlich bereits Gedanken gemacht. «Das Ziel des Verwaltungsrates ist klar: Er will mehr liechtensteinischen Inhalt und mehr politische Themen auf den Sender bringen. Daran werde ich zusammen mit dem Team arbeiten. Für mich ist klar, dass das Radio wieder politische Relevanz bekommen muss.»
«Ein Ja zur Initiative ist der Todesstoss»
Bleibt die Frage, warum Doris Quaderer den Schritt zum Radio ausgerechnet in einer Zeit der für den Sender ungewissen Zukunft tut. «Mir wurde irgendwann klar, dass ich mich vor der Abstimmung dafür einsetzen muss, damit die Chance grösser wird, dass das Radio überlebt. Lieber vorher das Risiko eingehen, als es im Nachhinein bereuen. Wenn man das LRF-Gesetz abschafft, so wie es die Initiative will, dann entzieht man dem Sender die Grundlage. Es ist utopisch, Radio L innerhalb eines Jahres privatisieren zu wollen. Ein Ja zur Initiative ist daher der Todesstoss für den Sender», sagt Doris Quaderer. Sie ergänzt: «Es gibt genügend Leute ohne Zeitungsabo. Das Radio kann diese Menschen mit verständlich aufbereiteten Informationen erreichen. Wir müssen dafür sorgen, dass alle in unserer kleinen Demokratie informiert sind, und deshalb ist jeder Kanal wichtig, über den wir die Menschen erreichen können. Und zwar mit vielfältigen Informationen, die es ihnen ermöglichen, sich selbst eine Meinung zu bilden. Ist ein Medium aber einmal verschwunden, wird es nicht mehr auferstehen. Damit geht auch wieder ein Stück der für die Demokratie unerlässlichen Medienvielfalt verloren.» Folglich lautet Doris Quaderers Fazit im Vorfeld der Abstimmung: «Wenn wir ein Radio fürs Land wollen, dann eins mit einer realistischen Finanzierung, wie sie der Landtag inzwischen für vier Jahre gesprochen hat. Denn nur wenn das Radio finanziell solide aufgestellt ist, kann es die Service-pubilc-Rolle, die ihm zugewiesen ist, erfüllen. Entweder macht man es richtig oder gar nicht. Und genau darüber entscheidet letztlich das Stimmvolk.»