Als Vorsteher von Gamprin-Bendern hat sich Johannes Hasler zusammen mit dem Gemeinderat und der Bevölkerung grosse Ziele gesetzt. Wichtig ist ihm bei deren Erreichung ein strukturiertes, nachvollziehbares Vorgehen. Die Ergebnisse dieser Handlungsweise werden nun nach und nach sichtbar.
Interview: Heribert Beck
Herr Gemeindevorsteher, der vergangene Samstag war ein besonderer Tag für Gamprin-Bendern. Schildern Sie bitte die Hintergründe.
Johannes Hasler: Das stimmt, ein besonderer Tag für Gamprin-Bendern, aber ganz besonders für das Gebiet am Fuss des historischen Kirchhügels. Wir arbeiten seit einigen Jahren an der raumplanerischen Entwicklung für das Areal. Am 8. Juni durften wir der Bevölkerung der Gemeinde und allen weiteren Interessierten unsere Masterplanung präsentieren. «Unser» ist dabei ein weitgefasster Begriff. Es bezieht den Gemeinderat, die Verwaltung, viele Einwohnerinnen und Einwohner, externe Experten und Amtsstellen mit ein. Ich erlaube mir, etwas auszuholen: Wir haben im Jahr 2021 zusammen mit der Bevölkerung den «Kompass 2032» weiterentwickelt und uns darin legislaturübergreifende Ziele gesetzt. Eines davon lautet: «Das Gebiet Unterbendern ist raumplanerisch neu konzipiert und bietet Raum für eine vielfältige Entwicklung. Es entsteht ein lebhafter Ort mit Einkaufsmöglichkeiten und allenfalls gemischter Wohnzone, wo sich Jung und Alt begegnen und gerne aufhalten.» Diesem Auftrag sind wir mit der Masterplanung nachgekommen.
Neben dem Gemeinderat hat auch die Regierung die Masterplanung zur Kenntnis genommen und ihre Amtsstellen mit der Konkretisierung, beispielsweise der Hauptstrassen im Besitz des Landes, im Austausch mit der Gemeinde beauftragt. Bereits in den nächsten Jahren wird sich mit Sicherheit einiges im Gebiet bewegen. Auf einer Fläche von rund 40’000 Quadratmetern entsteht ein lebendiges urbanes Zentrum, das höchste Aufenthaltsqualität bietet und sich durch die Vielfalt der Nutzungen aus Wohnen, Einkaufen, Arbeiten, Freizeitgestaltung und Naturerlebnis auszeichnet. Das alles entsteht an einem Ort, der bestens durch den öffentlichen Verkehr erschlossen ist, an dem Busknoten Liechtensteins, der nach dem Schaaner Busbahnhof bereits am zweitstärksten frequentiert ist, aber auch an einem Ort, der heute noch vor allem durch den motorisierten Individualverkehr geprägt ist. Wie das Ganze nach dem derzeitigen Masterplan, den es nun Schritt für Schritt zu konkretisieren gilt, aussehen könnte, haben wir am vergangenen Samstag aufgezeigt. Wer den Anlass verpasst hat, kann sich aber gerne die Dauerausstellung im Informations-Container auf dem Parkplatz neben dem Kreisverkehr anschauen. Der Schriftzug mit dem Projektnahmen «Unterbendern» im Stil des Hollywood-Signs soll mit einem Augenzwinkern auf die grosse Entwicklung aufmerksam machen und zum Besuch der Ausstellung einladen (schmunzelt). Wir wollen einfach verdeutlichen, dass sich in Gamprin-Bendern raumplanerisch einiges bewegt, und neugierig machen auf das, was entstehen wird.
Wir wollen einfach verdeutlichen, dass sich in Gamprin-Bendern raumplanerisch
einiges bewegt, und neugierig machen auf das,
was entstehen wird.
Johannes Hasler,
Gemeindevorsteher von Gamprin-Bendern
Sie haben den Zeitrahmen angesprochen, und der Kompass 2032 ist, wie der Name schon sagt, auf das Jahr 2032 ausgerichtet. Wie realistisch ist die Umsetzung eines solchen Grossprojekts in dieser Zeit?
Die nun Schritt für Schritt zu konkretisierende Masterplanung wird nicht von heute auf morgen umgesetzt sein. Natürlich handelt es sich um einen langen Prozess, der übrigens von einem Begleitgremium, das der Gemeinderat kürzlich eingesetzt hat, qualitätssichernd begleitet wird. Aber das Gebiet befindet sich komplett in der Bauzone und ist gut erschlossen. Erste Akzente können wir also bereits in Kürze setzen.
Dabei hoffen Sie sicherlich auch auf private Investoren?
Die Gemeinde Gamprin-Bendern ist Eigentümerin von fast allen betroffenen Grundstücken. Wir sind also in der Lage, rasch Böden im Baurecht zu vergeben – und das ist auch der Plan. Ein vergleichbares Konzept ist bereits in der Dienstleistungszone in Bendern aufgegangen. Auf diese Weise wollen wir in Gebiet «Unterbendern» Wohnungsbau ermöglichen, aber auch die Ansiedlung von Firmen, Dienstleistern, Einkaufsgeschäften und Gastronomiebetrieben.
Schon im Entstehen begriffen ist der neue Jugendtreff beim Busknoten. Ist er auch Teil des Konzepts?
Jein. Auf jeden Fall ist er auch ein Resultat des Dialogs mit der Bevölkerung, in diesem Fall mit der jungen Bevölkerungsgruppe. Vor zwei Jahren wurde bei einem Jugendmitwirkungsanlass der Wunsch nach einem nichtkommerziellen Treffpunkt für über 16-Jährige geäussert. Daraufhin konnten wir mit dem Land als Eigentümer der Liegenschaft der alten Post und der Offenen Jugendarbeit Liechtenstein die Einigung erzielen, dass ein solcher Treffpunkt im ehemaligen Postgebäude entsteht. Und es freut mich sehr, dass dieser Treffpunkt in Bendern entsteht. Er wird derzeit realisiert und ist auf mindestens zehn Jahre ausgelegt. Er wird von der Anknüpfung an den öffentlichen Verkehr profitieren wie auch von der Lage ausserhalb des Wohngebiets. Der Jugendtreff ist zwar unabhängig entstanden, passt aber gut zur Belebung und aktiven Nutzung des Gebiets.
Zurück zum Kompass 2032. Er ist nach dem Kompass 2022 der zweite, den sich die Gemeinde als Leitlinie gegeben hat. Wie hat sich dieses Instrument bewährt?
Er hat sich mit seinem legislaturübergreifenden Ansatz mehr als nur bewährt, wie ich gerne an einigen Beispielen ausführen kann: Ein Auftrag den die Bevölkerung uns gegeben hat, ist die Förderung der Biodiversität. Kürzlich haben wir einen Kräutergarten auf dem Kirchhügel eröffnet. Er sorgt nicht nur für mehr Naturvielfalt, sondern bietet, direkt am historischen Höhenweg und am Liechtenstein-Weg gelegen, auch einen Ort der Stille, und er ist mit einer Stele versehen, die darauf hinweist, dass es sich bereits vor Jahrhunderten, als auf dem Kirchhügel noch Mönche lebten, um einen solchen Ort der Stille gehandelt hat. Ebenfalls zur Biodiversität gehört, dass wir rund um das Gemeindehaus gerade damit begonnen haben, versiegelte Flächen aufzubrechen und sie mit Rabatten zu versehen. Auch den Innenhof, zuvor ein reiner Kiesplatz, werden wir aufwerten. Ein weiterer Auftrag im Kompass 2032 beinhaltet das Ziel: «Die Angebote an Spielplätzen und Begegnungsorten für Kinder und Eltern werden hinterfragt und weiterentwickelt.» Wir werden dem im laufenden Jahr gerecht, indem wir den Spielplatz im Zentrum komplett erneuern und ihn zu einem wahrhaften Begegnungsort für Jung und Alt machen. Wir sind also ständig damit beschäftigt, die Ziele des Kompasses zu verwirklichen, nehmen die Entwicklung jedes Jahr im Gemeinderat zur Kenntnis und machen sie im Protokoll öffentlich.
Stehen auch grössere Hoch- oder Tiefbauprojekte an?
Im Tiefbau haben wir aktuell nichts Eigenes grösseres in der Pipeline. Aber an der Landesbaustelle auf der Ruggeller Strasse sind wir mit Leitungsarbeiten beteiligt, beim Übergang zur Mühlegass, wo eine Busbucht entsteht, auch mit Modifizierungen der Beleuchtung. Im Bereich Hochbau beschäftigt uns immer noch das Gasthaus Löwen in Bendern. Es handelt sich um ein historisches Gebäude im Umfeld des noch wesentlich älteren Gebäudeensembles auf dem Kirchhügel, das wir in seiner Aussenwirkung dauerhaft erhalten möchten. Die Erstellung des nötigen bauhistorischen Gutachtens hat jedoch länger gedauert, als wir vorgesehen hatten.
Von der Biodiversität zur Nachhaltigkeit: Die Gemeinde Gamprin-Bendern hat vor etwa einem Jahr beschlossen, das Potenzial ihrer Alp Rauz in Vorarlberg für Windkraftanlagen zu prüfen. Wie ist diesbezüglich der aktuelle Stand?
Zunächst ein paar Worte zum Hintergrund: Gamprin-Bendern engagiert sich sehr stark in der Nutzung erneuerbarer Energieträger. Wo immer dies sinnvoll und wirtschaftlich ist, haben wir auf unseren eigenen Gebäuden bereits Photovoltaikanlagen installiert. Mit der Windkraft wollen wir nun den nächsten Schritt gehen. Da die Windkraftpotenzialkarte des Bundeslands Vorarlberg auf dem Geiet der Rauz am Arlberg Potenzial aufgezeigt hat, haben wir dies mittels einer LIDAR-Messung konkretisieren lassen. Es sieht aktuell so aus, als ob die Rauz sich zur Windkraftnutzung eignen würde. Aber um dies definitiv bestätigen zu können, müssten wir eine Jahresmessung durchführen. Dazu braucht es einen 80 Meter hohen Windmessmast, und dessen Erstellung bedarf einer Genehmigung. Das entsprechende Verfahren haben wir eingeleitet. Sollte sich dann wirklich herausstellen, dass sich Windenergie auf dem Gebiet der Alp wirtschaftlich gewinnen lässt, werden wir die weiteren Schritte aber einem entsprechenden Projektentwickler übertragen. Es ist schliesslich nicht die Kernaufgabe einer Gemeinde, als Energieunternehmen Strom zu produzieren und zu verkaufen.
All diese Projekte kosten Geld. Wie ist Gamprin-Bendern diesbezüglich aufgestellt?
Der Jahresabschluss 2023, der gerade erst vom Gemeinderat zur Kenntnis genommen worden ist, präsentiert sich sehr erfreulich. Die Aufwendungen sind niedriger ausgefallen als budgetiert, die Einnahmen höher. Insbesondere die Ertragssteuern haben sich sehr positiv entwickelt. So resultierte für das vergangene Jahr ein Plus von rund 3,5 Millionen Franken. Diese Mittel stehen für künftige Investitionen oder Projekte zur Verfügung, denn wir haben noch einiges vor.
Ein Projekt, in das Sie, wie Sie an anderer Stelle einst betont haben, gerne investieren, ist die Seniorenarbeit. Wie entwickelt sich die Kooperation mit Ruggell und Schellenberg?
Die gemeinsame Seniorenarbeit der sogenannten RuGaSch-Gemeinden ist sehr erfolgreich und mit viel Elan gestartet. Die von uns zusammen angestellte Stelleninhaberin Ann Näff-Oehri leistet eine grossartige Arbeit und setzt tolle Projekte mit ihren RuGaSch-Engagierten um. Eines ist beispielsweise der Mittagstisch für unsere Junggebliebenen, der jeden Monat in einer anderen der drei Gemeinden durchgeführt wird.
Er ist überaus gut besucht, und die Rückmeldungen sind ausschliesslich positiv. Zu kooperieren war die richtige Entscheidung. Und auch die kürzlich publizierte Altersstrategie der Regierung bestätigt uns darin, dass wir auf einem guten Weg sind. Wir schauen bewusst hin statt weg und gehen die Herausforderungen des demografischen Wandels aktiv an.
Sie gehen auch die Herausforderungen der Verwaltungsarbeit aktiv an und überarbeiten die Richtlinien, Weisungen und Reglemente derzeit. Was hat es damit auf sich?
Manche «Normen», wie die Sitzungsordnung für den Gemeinderat aus dem Jahr 1991, enthalten überholte Formulierungen. Im genannten Beispiel steht unter anderem: «Eine Gemeinderatssitzung dauert drei Stunden.» Das wird schon längst nicht mehr so gehandhabt. Es wäre auch widersinnig. Aber das Reglement, das sich der Gemeinderat einst selbst gegeben hat, wäre im Prinzip nach wie vor gültig. Ähnliche überholte Formulierungen gibt es in anderen «Normen» der Gemeinde. Mir sind klare und schlanke Prozesse aber überaus wichtig für eine funktionierende und bürgernahe Gemeindeverwaltung, und sie sind eine unerlässliche Grundlage auf dem Weg hin zu einem digitalen Dienstleister für die Bevölkerung. Daher prüfen wir derzeit alle «Normen» und passen sie, wenn nötig, an. Künftig werden wir diese Überprüfung einmal pro Jahr vornehmen. Auch diesbezüglich und in vielen anderen Bereichen gilt wieder der Grundsatz: Wir schauen bewusst hin. Auf diese Weise wird es uns allen gemeinsam gelingen, Gamprin-Bendern so erfolgreich weiterzuentwickeln, wie es sich in den vergangenen Jahren entwickelt hat.