Für Karl Malin hat am 1. Mai 2023 seine erste Legislaturperiode als Gemeindevorsteher von Balzers begonnen. Zentrale Projekte wie die Fertigstellung des neuen Dorfplatzes oder die Erarbeitung eines langfristigen Konzepts für die Sportanlagen Rheinau stehen an. Um sie erfolgreich umzusetzen, ist für Karl Malin eine zeitgemässe, bürgernahe und regelmässige Kommunikation mit der Bevölkerung ein wichtiger Grundstein.
Interview: Heribert Beck
«Wie in allen Gremien ist eine gesunde
Mischung ein ausschlaggebender Faktor für eine gute Zusammenarbeit. Zusammengefasst:
Wir ergänzen uns sehr gut.»
Karl Malin
Gemeindevorsteher von Balzers
Sie sind nun seit einem Dreivierteljahr im Amt und als Quereinsteiger in die Politik gekommen. Was hat sie motiviert, sich um den Balzner Vorsteherposten zu bewerben?
Vorsteher Karl Malin: Quereinsteiger trifft es nicht ganz. Ich war schon einige Jahre davor als Kommissions- oder Ortsgruppemitglied tätig. Vom Naturell her bin ich nie ein dominanter Einzelkämpfer gewesen, eher ein Teamplayer, der, wenn es nötig ist, auch gerne vorangeht. Und ehrlich gesagt, macht die politische Arbeit als Teamplayer viel mehr Freude und sie bringt auch mehr. Dieses Gemeinsame, man könnte auch sagen das «Balzner Metanand», war nicht nur in meinen Augen in den vergangenen Jahren in einigen Bereichen immer mehr verlorengegangen. Ich wollte und möchte persönlich einen Beitrag leisten, damit sich dies wieder zum Positiven ändert.
Wie lautet ihr Fazit über die ersten neun Monate?
Es waren sehr intensive, vielfältige und spannende Monate. Wir konnten schon einiges anpacken, bereinigen und in die Wege leiten. Stichworte dazu: Dorfplatz Balzers, Stärkung der Gemeindeverwaltung, Hochspannungsleitung oder bürgernahe Kommunikation. Zudem war ich überrascht, was für unterschiedliche Themen auf meinem Tisch landen. Aber genau diese Vielfalt zeigt auch die Vielfalt der Herausforderungen und Problemstellungen, die es in einer Gemeinde gibt. Oftmals sind es kleinere Probleme, manchmal grössere. Alle haben ihre Berechtigung. Unsere Aufgabe ist es, dafür nach bestem Wissen und Gewissen Lösungen anzubieten und zu finden. Ich gebe zu: nicht immer eine leichte Aufgabe.
Die Hälfte des Gemeinderats besteht aus neuen Mitgliedern, mit Ihnen sogar mehr als die Hälfte. Welchen Einfluss hat dies auf die Arbeit?
Wie in allen Gremien ist eine gesunde Mischung ein ausschlaggebender Faktor für eine gute Zusammenarbeit. Die bestehenden Gemeinderäte sind Garanten für Kontinuität und Erfahrung, was gerade bei der Weiterführung von laufenden Projekten sehr wichtig ist. Die neuen Ratsmitglieder wiederum bringen neue Sichtweisen und Ideen ein. Beide, bestehende und neue, haben ihre eigenen Stärken, die es gezielt einzusetzen gilt. Zusammengefasst: Wir ergänzen uns sehr gut.
Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat?
Aus meiner Sicht ist die Zusammenarbeit sehr gut. Konstruktiv, offen und lösungsorientiert. Ein gutes Beispiel dafür war unsere einstimmige Empfehlung betreffend
die Hochspannungsleitung an die Regierung. Es gibt auch immer wieder einmal ein Thema, beim dem der Gemeinderat in der Meinungsvielfalt ein Abbild der Bevölkerung ist. Das heisst, dass es zu unterschiedlichen Themen, unterschiedliche Standpunkte geben kann und geben darf. Wir sind uns aber bewusst, dass wir auch bei unterschiedlichen Meinungen eine Lösung finden müssen. Denn am Ende des Tages geht es um Balzers.
Bleiben wir bei der Hochspannungsleitung. Kürzlich hat die Gemeinde die von Ihnen erwähnte Empfehlung zu den unterschiedlichen Varianten an die Regierung abgegeben. Können Sie diese kurz zusammenfassen?
Es handelt sich um die «Variante M optimiert». Eine Freileitung soll ab Fläsch auf der Schweizer Rheinseite geführt werden und im Bereich Äule über das Gemeindegebiet Balzers zum bestehenden Masten Züsler führen. Balzers würde mit dieser Lösung entsprechend entlastet. Diese vom Gemeinderat Balzers einstimmig empfohlene Lösung könnte man auch als «grossmehrheitlichen Balzner Konsens» bezeichnen.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass damit Ruhe in das Thema einkehrt und wann könnte die Lösung realisiert werden?
Mit der Empfehlung an die Regierung liegt nun der Ball bei der Landespolitik, sprich Regierung und Landtag. Obwohl die Hochspannungsleitung bisher in Balzers ihren Standort hat, wurde von der Landespolitik immer wieder betont, dass diese aus energiepolitischer und wirtschaftspolitischer Sicht von landesweitem Interesse ist. Das gibt uns Zuversicht, dass die von uns empfohlene Lösung bei der Entscheidungsfindung im Land und bei den Verhandlungen mit der Swissgrid sowie auf politischer Ebene mit der Schweiz gute Chancen haben wird.
Das andere Thema, das viel mediale Präsenz geniesst, ist der Dorfplatz. Wie steht es diesbezüglich um den Zeitplan und welchen Erfolg zeigen die Sparanstrengungen?
Momentan sind wir gut im Zeitplan, das heisst, dass wir den Dorfplatz noch dieses Jahr eröffnen können. Nachdem wir im Mai letzten Jahres genötigt waren, die sprichwörtliche Reissleise zu ziehen, um den von der Bevölkerung bewilligten Kredit einhalten zu können, sind wir in Bezug auf die Kosten mittlerweile auf einem guten Weg. Eine von der Gemeinde eingesetzte Arbeitsgruppe widmet sich nun der Belebung des Dorfplatzes. Diese Arbeitsgruppe hat die wichtige Aufgabe, mit ihren Ideen und Vorschlägen aufzuzeigen, wie aus einem «gebauten Platz» ein lebendiger und belebter Treffpunkt für Alt und Jung werden kann.
Ein Thema, das in der jüngeren Vergangenheit ebenfalls durch die Nachrichten ging, ist die Alterspflege und mit ihr verbunden die Zukunft der Lebenshilfe Balzers. Was gibt es diesbezüglich Neues?
Die generelle Frage, die sich der Gemeinde und dem Verein Lebenshilfe Balzers stellt, ist, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen, um einer zukünftigen Nachfrage im Bereich Alterspflege gerecht zu werden. Unsere Aufgabe ist nun, Varianten zu prüfen, in welcher Struktur und Organisation die ambulanten und stationären Pflegedienstleistungen in Zukunft am besten sichergestellt werden können. Dies soll in gewohnt hoher Qualität und für alle in Balzers, die dieses Angebot benötigen, gewährleistet werden. Zu den zu prüfenden Varianten gehört auch eine allfällige Integration des Pflegeheims Schlossgarten in die Liechtensteinische Alters- und Krankenpflege, kurz LAK, sowie eine Überführung des ambulanten Bereichs «Familienhilfe» zur Familienhilfe Liechtenstein. Dieser Evaluationsprozess, in dem Möglichkeiten und unterschiedliche Alternativen geprüft werden, wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Bis Ende Januar 2024 hat eine erste Sitzung mit der LAK stattgefunden. Dabei ging es in erster Linie darum, diesen Prozess anzustossen und erste Aufgaben zu verteilen.
All dies geht nicht ohne Geld. Wie steht es um die Gemeindefinanzen und wie wird sich der revidierte Finanzausgleich auswirken?
Wir sind natürlich froh, dass wir aufgrund des neuen Finanzausgleichs mit 3 Millionen mehr rechnen können. Die Aufgaben der Gemeinde, gerade im Infrastrukturbereich, sind beträchtlich. Einerseits gilt es, bestehende Gebäude instand zu halten, wie zum Beispiel das vor Kurzem sanierte Alte Gemeindehaus, und andererseits neue notwendige Infrastrukturprojekte auf den Weg zu bringen. Ein konkretes Beispiel dafür sind die Sportanlagen Rheinau. Mit dem Blick auf die Finanzen ist der Weg der wohlüberlegten Schritte weiterhin unser Credo. Das fängt beim Budgetprozess an und geht mit der Realisierung von zukünftigen Grossprojekten weiter. Alles mit Balzner Augenmass.
Bekannt ist Balzers für sein reges Vereins- und Kulturleben. Wie planen Sie dies künftig aufrechtzuerhalten oder sogar noch mehr zu fördern?
Ja, Balzers ist bekannt für sein vielfältiges und lebendiges Vereinsleben. Unzählige Veranstaltungen, die teilweise schon eine jahrzehntelange Tradition aufweisen können und oftmals weit über die Gemeindegrenzen hinausstrahlen, unterstreichen dies eindrücklich. Aktuell darf ich die Saison 2023/24 der Operette Balzers erwähnen. Am 24. Februar startet diese mit dem Stück «Die Csárdásfürstin». Jemand in Balzers hat einmal in Bezug auf die Vereine den treffenden Satz geprägt: Vereine sind der Herzschlag, der Kit unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens. Diese gilt es unbedingt weiterhin zu unterstützen und zu fördern.
Ihr erstes vollständiges Jahr im Vorsteheramt hat gerade erst begonnen. Welche Ziele haben Sie sich für 2024 gesetzt?
Im Mittelpunkt steht sicher die Fertigstellung des neuen Dorfplatzes. Wir sind weiterhin mit Vollgas dran, damit wir das Generationenprojekt im Jahr 2024 gemeinsam feierlich einweihen und mit einem zünftigen Fest für Alt und Jung eröffnen können. Dann möchten wir das Infrastrukturprojekt Sportanlagen Rheinau so weiterbringen, dass wir den Stimmberechtigten möglichst zeitnah einen langfristigen Konzeptvorschlag inklusive benötigtem Kredit vorlegen können. Dazu gehört aber auch eine entsprechende, sachliche Information und eine transparente Kommunikation mit der Bevölkerung. Und das bringt mich zu einem weiteren Ziel für 2024: die Verbesserung oder die Verstärkung einer bürgernahen Kommunikation. Da haben wir mit Blick auf andere Gemeinden einen gewissen Nachhol- und Aufholbedarf. Dazu zählt für uns die Kommunikation über die sozialen Medien, aber auch der direkte Kontakt und persönliche Austausch mit den Einwohnerinnen und Einwohnern von Balzers.