Leserbrief von Carmen Sprenger-Lampert, Triesen
Das elektronische Gesundheitsdossier (eGD) ist eine komplexe Angelegenheit und tangiert die intimsten Daten des Menschen.
Staatliches Handeln muss verhältnismässig, geeignet, erforderlich, zumutbar und im öffentlichen Interesse sein. Eine entsprechende Abwägung hat zu erfolgen, um ein Missverhältnis zwischen Rechten und Interessen zu vermeiden. Das mildeste Mittel ist anzustreben.
Hierzu ergeben sich in Bezug auf das eGD folgende Fragen:
Warum wurde die Stellungnahme des Datenschutzexperten im Zuge der Vernehmlassung des eGD-Gesetzes beispielsweise in Sachen «Verfassungsmässigkeit» nicht befolgt? Der Datenschutzexperte verwies darauf, dass Eingriffe in die Grundrechte begründet sein müssen, weshalb konkrete Ausführungen zur Verhältnismässigkeit nachzuholen seien.
Handelt es sich beim praktizierten «Opt-out» (ohne Zustimmung / Widerspruch) um das gelindeste Mittel?
Ist «Opt-in» (explizite Zustimmung) das gelindere Mittel zum Zweck?
Wie steht es um den Grundsatz der Datenminimierung?
Wurde Informationsgesetz-konform informiert?
Nahm die Legislative bei diesem Gesetzgebungsprozess ihre kontrollierende Funktion gegenüber der Exekutive wahr?
Der Gesundheitsminister lässt das zwangsbeglückende «Opt-out» vorteilhafter, als das auf expliziter Zustimmung beruhende «Opt-in» erscheinen. So lehnt er das «Opt-in» beispielsweise ab, weil es verwaltungsintensiver sei, oder die Umstellung Mehrkosten verursacht. Diese Darstellung schwächt schlussendlich die Freiheit und Selbstverantwortung der Menschen und somit wichtige Werte unserer freiheitlichen Gesellschaft.
Es stellt sich die Frage, welchen Wert Grundrechte in dieser angeblich modernen Zeit noch haben? Was rechtfertigt ein solches Agieren und wem dient eine solche Politik?
In Anbetracht dieser Informationen ist ein JA bei der eGD-Abstimmung am 21.1.2024 mehr als eine Zustimmung zur Systemumstellung auf «Opt-in»; es ist auch ein Nein zur Abkehr der bisherigen Werteordnung.
Grundrechte sind nicht verhandelbar!