«Wie weiter mit der Globalisierung?» Dieser Frage widmete die Stiftung Zukunft.li den Wirtschaftsausblick 2023. Eine Frage, die offensichtlich auch im kleinen Liechtenstein viele Menschen beschäftigt, denn der SAL in Schaan war gut gefüllt.
Wie Geschäftsführer von Zukunft.li, Thomas Lorenz in seiner Begrüssungsrede betonte, ist es für Liechtenstein immanent wichtig, sich dafür zu interessieren, was ausserhalb der 160 Quadratkilometer geschieht. «56 Prozent unserer Beschäftigten sind Grenzgänger, da ist die regionale Aussenpolitik – wenn man das so nennen kann – schon ein entscheidender Faktor. Viele liechtensteinische Unternehmen sind international oder sogar global tätig. Ohne die Einbettung in Regelwerke, die einen möglichst ungehinderten Marktzugang gewährleisten, wäre die Entwicklung der letzten Jahrzehnte nur schwer vorstellbar gewesen», so Lorenz.
Protektionismus-Grippe und Subventionsfieber
Wie sich die Konjunktur in den letzten Jahren entwickelt hat und wohin sie tendiert, erläuterte Andreas Brunhart, Forschungsbeauftragter am Liechtenstein-Institut. Seine Daten zeigen, dass sich Liechtenstein relativ rasch von der konjunkturellen Corona-Delle erholt hat, der Blick in die Zukunft bleibt angesichts der weltweit anspruchsvollen Lage aber eher verhalten – wenn auch, wie er betonte, «verhalten optimistisch». Weniger zuversichtlich angesichts der «Polykrisen» zeigte sich Ökonom und Stiftungsratspräsident von Zukunft.li, Peter Eisenhut. Er servierte dem Publikum das «mehrgängige Krisenmenü» der letzten 15 Jahre: die Finanzkrise, Euro-Schuldenkrise, USA-China-Handelskonflikt, Corona-Krise, Krieg in der Ukraine und der alles überlagernde Klimawandel. Diese Schocks hätten die Staaten zu immer umfassenderen handelspolitischen Massnahmen verleitet – insbesondere Restriktionen und Subventionen stünden hoch im Kurs. Derzeit grassierten eine Protektionismus-Grippe und ein Subventionsfieber. Subventionen verschleierten jedoch die wahren Kosten und setzten Preissignale ausser Kraft, kritisierte der Ökonom. Zudem habe die Verschuldung vieler Staaten schwindelerregende Höhen erreicht. Der Subventionswettlauf zwischen den Staaten sei ineffizient und oft ein Nullsummenspiel, bei dem niemand gewinne. Auch hohe Zölle, Exportkontrollen oder Sanktionen als Folge des Handelsstreits zwischen den USA und China führten zu Preissteigerungen und Wohlstandsverlusten, erklärte Eisenhut. Für Liechtenstein mit seiner kleinen und ausserordentlich exportorientierten Volkswirtschaft könne der Königsweg nur die Weiterführung der Integration in die Weltwirtschaft und das Engagement für eine Stärkung eines multilateralen, regelbasierten Handelssystems sein.
Unternehmen rüsten um
Die von Zukunft.li-Mitarbeiterin Doris Quaderer moderierte Podiumsdiskussion machte deutlich, dass die Unternehmen diese geballte Ladung an Herausforderungen direkt zu spüren bekommen. Der Verwaltungsratspräsident der Hilti-Gruppe, Christoph Loos, erklärte, dass Hilti ihre Lieferketten angepasst habe, um Abhängigkeiten zu reduzieren. Er zeigte aber auch die Dilemmata global agierender Unternehmen auf: «Wir können uns nicht den Luxus leisten, nur in Ländern tätig zu sein, die unseren demokratischen und menschenrechtlichen Standards entsprechen, denn das sind nicht viele». Er plädierte daher für einen pragmatischeren und weniger moralischen Ansatz. Chad Trevithick, CEO von Neutrik, erklärte ebenfalls, dass die Gruppe ihr Geschäft neu ausgerichtet und die Lieferketten widerstandsfähiger gemacht habe. Aus seiner Sicht besteht das aktuelle globale Umfeld nicht nur aus Polykrisen, sondern auch aus Polychancen. Insbesondere der afrikanische Kontinent könne sich neu positionieren, betonte der gebürtige Südafrikaner. Aussenministerin Dominique Hasler unterstrich die Bedeutung der Aussenpolitik gerade in Zeiten wie diesen. Verlässliche Partnerschaften seien wichtig und die internationalen Handelsbeziehungen müssten gepflegt werden. Auch Patrick Dümmler von Avenir Suisse sieht die Subventionspolitik vieler Länder kritisch und plädierte dafür, sich nicht auf diesen Wettlauf einzulassen. Schon gar nicht, wenn es um Preisobergrenzen für Energie gehe. Dieser Meinung waren auch die beiden Unternehmer. Versorgungssicherheit sei ihnen eindeutig wichtiger als Subventionen. Wenn diese nicht gewährleistet sei, sehe er den Standort Schaan in Gefahr, betonte Chad Trevithick, während Christoph Loos den schnellen Atomausstieg in Deutschland kritisierte. Hart ins Gericht ging Patrick Dümmler mit der Energiepolitik der Schweiz. Sie habe die Energiewende und wichtige Netzausbauschritte verschlafen, zudem fehle immer noch ein Stromabkommen mit der EU. In Bezug auf die Energieknappheit sei die Schweiz noch nicht aus dem Schneider. Die Ursachen dafür seinen hausgemacht, so sein Resümee. Doris Quaderer und Thomas Lorenz, Stiftung Zukunft.li