Ob es sich bei der Kostensteigerung der obligatorischen Krankenversicherung 2022 um einen Ausreisser oder einen anhaltenden Trend handelt, kann aktuell noch nicht beurteilt werden. Darüber informierte das Vaterland am 23. Mai 2023. Es stellt sich die Frage, wann denn eine abschliessende Beurteilung möglich ist? Es wäre wohl sinnvoller, derart wichtige Informationen abzuwarten, bevor eine Medienorientierung erfolgt, an welcher ein «Massnahmenstrauss ohne jede Verbindlichkeit» präsentiert wird?
In der heutigen Zeit scheint es modern zu sein, in komplexen Angelegenheiten, die vielfach verunsicherten Menschen mit Annahmen noch mehr zu verunsichern und u. a. zum Tanz um das goldene «Digital-Kalb» als Problemlöser zu animieren. Die Digitalisierung scheint nämlich als Nr. 11 der Massnahmen-Vorschläge des Krankenkassenverbandes zur Gesundheitskosteneindämmung auf.
Besonders spannend wird es, wenn man die folgenden Worte im eingangs erwähnten Beitrag liest: «Für eine grosse Reform ist Liechtenstein auf die Entwicklungen in der Schweiz angewiesen.» Seltsam, denn Liechtenstein orientiert sich beim elektronischen Gesundheitsdossier (eGD) an der österreichischen ELGA und nicht am Schweizer ePD? Befinden wir uns in einer Gesundheitsdossier-Sackgasse?
Sukzessive werden sogar für Laien Widersprüche in dieser äusserst komplexen Thematik erkennbar. Das ist nicht vertrauensfördernd. Wie alles im Leben, hat die Digitalisierung Vor- und Nachteile. Jedenfalls ist die kostspielige Digitalisierung kein Zaubermittel. Hinzu kommen grosse einhergehende Risiken – wohlbemerkt im Bereich höchstsensibler Daten.
Zwischenmenschliches lässt sich nicht digitalisieren und die menschliche Zuwendung in der Humanmedizin als zentraler Punkt für eine gute Diagnose und erfolgreiche Behandlung ist durch nichts zu ersetzen. Es ist höchste Zeit für evidenzbasierte Fakten und die Einkehr der Vernunft. Denn Fakten werden nie verschwinden, selbst wenn man sie ignoriert.
Carmen Sprenger-Lampert, Triesen