Der 22-jährige Yannick Ritter aus Mauren studiert aktuell im 6. Semester (Bachelor) Wirtschaft und Politik (Internationale Beziehungen) an der Universität St. Gallen (HSG). Als jüngster Gemeinderatskandidat bei den Wahlen vom 5. März ist er mit grossem Erfolg in den Gemeinderat von Mauren gewählt worden. Super Yannick – herzliche Gratulation.
Du hast etwas geschafft, was in deinem jugendlichen Alter nicht viele erreichen: den Sprung in den Gemeinderat. Was ging da am Wahlsonntag, 5. März, in dir vor?
Yannick Ritter: Der Tag hat für uns als VU-Ortsgruppe Mauren ja schon genial begonnen, als Peter Frick zum Vorsteher gewählt wurde. Dass ich dann auch noch in den Gemeinderat gekommen bin, hat mich wirklich sehr gefreut und bewegt. Deshalb kann ich mich nur nochmals bei allen Wählern und Unterstützern recht herzlich bedanken! Das Wahlresultat empfinde ich als ein grosses Zeichen der Wertschätzung und des Vertrauens. Ich werde mein Bestes geben, dieser Verantwortung gerecht zu werden.
Seit wann interessierst du dich in verstärkter Form für die Politik? Was ist die Quelle deines politischen Interesses?
Bei mir hat das so mit etwa 16 Jahren begonnen, als ich noch im Gymnasium war. Entscheidend waren spannende Unterrichtsinhalte des Geschichts- und Deutschlehrers. Dann habe ich mich selbst über das Internet mit für mich sehr spannenden, wenngleich nicht so schönen, Themen wie dem Irakkrieg oder der Kuba-Krise beschäftigt. Wer sind die Akteure, was für Interessen hat wer, was sind die wirklichen Ziele – solche Fragen finde ich seit jeher spannend. Auch heute noch sind das Themen, mit denen ich mich durch das Studium, aber auch privat auseinandersetze. Nicht zuletzt beeindrucken mich Konzepte der politischen Philosophie wie der Realismus von Hobbes oder der Liberalismus von Kant.
Die Quelle meines Interesses liegt einerseits in der Breite der Inhalte. Die Politik, so scheint es zumindest, muss sich mit allen Fragen beschäftigen, um die Menschen zusammenzubringen und die Wohlfahrt zu fördern. Eine grosse, aber spannende Aufgabe. Natürlich, im Gemeinderat müssen wir, zum Glück, jetzt nicht die Welt verändern. Aber auch bereits dort ist die Breite der Themen sehr gross – klingt erstmal spannend für mich. Andererseits ist es wohl die Zusammenarbeit mit vielen Menschen. Ich mag es sehr, unter Leuten zu sein, meine Meinung einzubringen und zusammen Lösungen zu erarbeiten.
Bei politischen Entscheiden auf Gemeinde- und Landesebene geht es um Weichenstellungen für die Zukunft – für die künftigen Generationen. Wird die Jugend ausreichend gehört?
Grundsätzlich ist es sicher auch hier in Liechtenstein so, dass die Lobby der Jugendlichen eher gering ist. Wenn man sich die Abstimmungsresultate der letzten Jahre anschaut, würde ich ausser der Casino-Abstimmung vor einigen Wochen keine sehen, bei der das Interesse der jungen Leute durchgesetzt werden konnte. Das hat damit zu tun, dass wir weniger, finanzschwächer und weniger gut vernetzt sind im Sinne von Lobbygruppen. Zusätzlich dürfen viele von uns noch nicht wählen. Da die Frage auch künftige Generationen anspricht: Auch die Interessen der künftig Geborenen sollten in einer langfristigen Politik bereits Beachtung finden.
Andererseits sollte man der Politik auch nicht plump vorwerfen, dass sie die Jugend nicht hört. Die Struktur unseres Systems ist nun einmal so, dass man in jungen Jahren in die Schule geht, am Anfang der Karriere im Vergleich zum Ende eher weniger verdient und in noch nicht so einflussreichen Positionen sitzt. Ausserdem gibt es auch viele, die sich im jugendlichen Alter noch nicht so für Politik interessieren, was völlig in Ordnung ist. Wichtig ist für mich: Gibt es genügend Möglichkeiten für die Jugend, sich zu engagieren? Gibt es also ein ernsthaftes Interesse von «deren da oben», dass wir mitmischen dürfen? Natürlich kann das noch mehr und besser sein. Bisher hat mir aber meine Erfahrung gezeigt, dass sich sowohl die Parteien als auch Privatleute sehr darüber freuen, wenn sich eine junge Person engagiert und sich Gehör verschaffen will. Gerade auch ältere Menschen finden das sehr erfrischend. Dafür bin ich wirklich dankbar.
Wird in der Ausbildung in den weiterführenden Schulen über gesellschaftspolitische Themen unterrichtet? Werden die jungen Menschen über die Möglichkeiten der Mitbestimmung informiert und wird mit ihnen diskutiert?
Gesellschaftspolitische Themen umfassen die Fragen, wie der Gesetzgeber und letztlich wir als Gesellschaft mit Rassismus, Gleichstellung von Mann und Frau oder den verschiedenen Sexualitäten umgehen. Ich mag mich nicht erinnern, dass wir den strukturellen Rassismus in den USA oder die Geschichte der Gleichstellung von Mann und Frau in Liechtenstein behandelt hätten. Schade eigentlich. Insgesamt dürften solche Themen also sicher stärker im Lehrplan vertreten sein. Wie oft man aber darüber tatsächlich diskutiert, hängt stark von den Lehrpersonen und der Klassendynamik ab. Wir haben das vermutlich vergleichsweise oft gemacht, da meine Musik-Kunst-Klasse sehr sozial geprägt war. Aber bei meinen Freunden aus der Wirtschaftsklasse war das kaum Thema.
In der letzten Stufe der Realschule und auch auf dem Gymnasium ist Staatskunde und damit das Wahlrecht Teil des Unterrichtsstoffs. Man hat uns zudem ermuntert, bei politischen Initiativen wie dem Europäischen Jugendparlament oder dem Jugendrat teilzunehmen. Wobei wir in der Schule vielleicht noch ein bisschen besser werden könnten, ist Spontaneität. Damit meine ich im Allgemeinen, ausserlehrplanmässige Fragen zu diskutieren, wenn sie gerade aktuell sind. Ein Beispiel: Als Trump gewählt wurde, hatten wir in der allerersten Lektion Geografie. Das Thema war tatsächlich die Landschaft der USA. Auf die Frage aber, ob wir die Wahlen diskutieren können, hiess es von der Lehrperson: vielleicht nächstes Mal. Entschuldigung, aber bei weltbewegenden Ereignissen sollten zwischendurch doch auch einmal 15 Minuten Diskussion drin liegen, oder?
Welche politischen Themen stehen für dich mit Blick auf die künftigen Generationen an vorderster Stelle?
Wohlstand und Demokratie. Damit einher gehen die Probleme, welche diese beiden Grössen beschädigen können. Diesbezüglich würde ich die Klimakrise, den demographischen Wandel und die geopolitische Verschiebung weg vom Westen hin zu China und Indien nennen. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir versuchen, solche Entwicklungen zu unserem Besten zu nutzen. Man sollte trotz dieser Herausforderungen aber den Optimismus nicht verlieren. Liechtenstein hat in den vergangenen Krisen seine Widerstandsfähigkeit mehr als nur bewiesen – man denke nur an die Finanzkrise und den fundamentalen Wechsel in der Finanzbranche. Da haben die führenden Unternehmer und Politiker Gutes geleistet. Trotzdem, sollten die Worstcase-Szenarien eintreten, wie das im Klimabereich einige Forscher und Aktivisten beschwören, würden wir in 20 bis 30 Jahren schon nochmals vor ganz andere Probleme gestellt werden.
Was für Schwerpunkte hast du dir als Gemeinderat von Mauren auf die Fahne geschrieben?
Grundsätzlich hoffe ich auf Entscheidungen des Gemeinderates, die im langfristigen Interesse der Maurer und Schaanwälder liegen. Konkret wäre es mir ein Anliegen, dass wir unsere Finanzkraft kontinuierlich aufbauen und so die Steuerzahler langfristig entlasten könnten, sofern dies irgendwie möglich ist. Zudem ist es mir wichtig, Entscheidungen transparent zu erklären und Anliegen aus der Bevölkerung Gehör zu schenken. Ansonsten erhoffe ich mir eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen allen Parteien.