«Das Zulassen an sich ist für mich das Wichtigste»

«AEIOU» heisst die Band, bei der die Liechtensteiner Sängerin Karin Ospelt die Synthklänge vom «Züri West»-Keyboarder Oli Kuster und die Drums aus der Küche von Kevin Chesham, ebenfalls bei «Züri West» aktiv, mit ihrer Stimme veredelt. «Dancing With a Rainy Face» nennt sich das neue Album des Trios, das aktuell gerade ziemlich viel unterwegs ist in der D-A-CH-Region. 

Karin Ospelt stammt aus Liechtenstein, Oli Kuster und Kevin Chesham aus Bern. Kennengelernt hat die Frontfrau ihre beiden jetzigen Bandkollegen als Zuhörerin, als sie noch in Bern wohnte. «Einige Jahre später, als es mich schon wieder weiter verschlagen hatte, hinterliess Oli Kuster eine Nachricht auf meiner Mobilbox und fragte, ob wir zusammenarbeiten wollen.» Ab dann habe die Magie übernommen und Ospelt bemerkt, dass einfach alles passt. «Danach schickte er mir ein paar Soundspuren, bei mir flossen direkt Melodien und Lyrics heraus, ich machte ein paar Demo-Aufnahmen und alles nahm seinen Lauf.» Auch heute erinnert sich die Liechtensteinerin gerne an die ersten Proben mit ihren Bandkollegen. «Ich brachte ein paar neue Texte mit, und spätestens ab dem ersten Espresso in der Bar nebenan war klar, dass da viel Schönes entstehen wird.»

Keine Musik für Schubladen
Einen typischen AEIOU-Song gebe es für das Trio gar nicht, da jeder Song sehr eigen sei. «Manchmal klingen wir verspielt, mit bunter Instrumentierung mit Cemalo, Flöten, oder Perkussion. Dann klingen wir nach Elektro-Pop mit fettem Bass. Oder wir klingen retro nach 80er-Jahre-Disco durch die unterschiedlichsten Synth-Sounds. Oder dann wieder das Gegenteil: Wenn es wieder sehr minimalistisch wird, wie auf einem Song auf dem Album ‹Sink›. Da ist nur Stimme, ein weit entfernter Bass im Hintergrund und ein Gedicht, mehr nicht.» Schwierig einem Stil zuzuordnen seien nicht nur ihre Klänge, auch der Name der Band entspringe der Fantasie. «Vielleicht ist er inspiriert vom Berner Dialekt oder von Einsingübungen oder von Dada. Das weiss niemand so genau. Kleiner Fun fact: Wenn wir in Österreich spielen, werden wir immer gefragt, wie wir zu unserem Bandnamen stehen. Denn dort hat AEIOU einen historischen Hintergrund, dessen Ursprung im 15. Jahrhundert liegt.» 

Mit Paloma und Gesang
Es ist eine spezielle Aura, die AEIOU umweht. Karin Ospelt drückt ihre Gefühle neben dem Gesang zusätzlich noch auf einer Indian Slide Gitarre aus. Dieses exotische Instrument habe es dank Oli Kuster auf die Bühne geschafft. Dieser besitzt in seinem Studio ein riesiges Sammelsurium an unterschiedlichen Instrumenten. «Einmal kaufte er die Indische Liegegitarre ‹Paloma›, und sie kam tatsächlich nach einigen Monaten per Post an. Man spielt sie ähnlich wie eine Klaviertastatur mit Saiten, und sie hat einen ganz eigenen Klang. Ein paar Wochen habe ich da schon mit Üben verbracht, bis ich mit ‹Paloma› live auf die Bühne konnte. Da ich selber schon zweimal in Indien war, mich diese Kultur sehr fasziniert und ich mich auch mit indischer Musik auseinandergesetzt habe, passt das Instrument ohnehin perfekt.» 

Zeit, bewegt zu sein
Die Melancholie ist ein wichtiges Element in der Musik des Trios. Doch die Behauptung, dass richtig gute Songs nur dann entstehen, wenn der Schreibende melancholisch gestimmt ist, will Karin Ospelt nicht gelten lassen. «Mittlerweile glaube ich, dass dieses romantische Bild von der kreativen Kraft der Melancholie nur manchmal einen guten Song entstehen lässt. Oft sind es aber auch andere Emotionen oder Bilder oder Alltagsszenen, aus denen wir schöpfen. Daher sage ich: Das Zulassen an sich ist für mich das Wichtigste am Songwriting. Ob dann Melancholie, Lebensfreude oder Schmarren rauskommt, ist sekundär.» Momentan ist die noch relativ junge Band auf ausgedehnter Tournee. Dort lassen sie definitiv auch ein paar Anekdoten auf sich zu kommen, die zu neuem Songmaterial inspirieren werden. So eine Tournee sei jeweils ein wahres Sammelbecken an Eindrücken, welche auf die Musiker einprasseln. «Wir haben wirklich viel Lustiges, aber auch Anstrengendes auf Tour erlebt. Das schönste Erlebnis in den letzten Monaten war für mich unsere Plattentaufe in Bern. Der Raum platzte fast aus allen Nähten, es war heiss, die CD kam grad noch rechtzeitig per Post, und wir durften nach Monaten voller Arbeit und Herzblut mit einem grandiosen Publikum unser neues Album ‹Dancing With a Rainy Face› feiern. Danach hat es zwar nicht vom Himmel geregnet, aber das ein oder andere Tränchen ist schon geflossen. Im Album geht es ja ums Überwältigtsein oder ums Bewegtsein. Und das waren wir auch an diesem Abend.»