Kleine Anfrage des Abgeordneten Walter Frick zum Thema: Zukunft der Invalidenversicherung
2016 wurde der Staatsbeitrag an die IV abgeschafft. Gemäss dem Geschäftsbericht 2021 weist die Invalidenversicherung trotzdem Rekordgewinne aus. Mit dem Fondsvermögen von über zwei Jahresausgaben ist der Topf gefüllt wie noch nie. Mit einem Gewinn von über17 Mio. Franken konnte das Vermögen auf knapp 75 Mio. Franken erhöht werden. Reserven sind dazu da, um eventuelle Risiken abzudecken. Diese scheinen aber bei der IV nicht gegeben – ausser man rechnet mit einer grossen Anzahl von IV-Fällen, welche durch die Beiträge nicht mehr gedeckt werden können. Bei der AHV ist der Fall klar. Hier schrumpft die Zahl der Beitragszahler gegenüber der Zahl der Leistungsbezüger. Hier sind die Reserven durchaus sinnvoll, um den demografischen Wandel finanziell abzufedern. Bei der IV ist die Ausgangslage aber eine andere. Mir stellen sich deshalb einige Fragen zur Entstehung und der Sinnhaftigkeit dieses Gewinns.
Gab es in den vergangenen Jahren Leistungskürzungen in der IV und/oder sind diese Gewinne alleine auf den Rückgang von IV-Fällen zurückzuführen? Es gab in den vergangenen Jahren keine Kürzungen des Leistungskatalogs für individuelle Versicherte. Die aktuell finanziell gute Situation der IV ist darauf zurückzuführen, dass der Landtag 2012 beschlossen hat, die sogenannten „kollektiven Leistungen“ aus dem IV-Gesetz herauszulösen und nach Ablauf einer Übergangsfrist auf den Staat zu verlagern. Bei diesen kollektiven Leistungen handelt es sich um IV-Beiträge an Sonderschulung, IV-Subventionsbeiträge an Behindertenorganisationen, IV-Baubeiträge für gemeinnützige Wohnheime, Eingliederungsstätten usw. Dadurch sanken die IV-Ausgaben von CHF 55 Mio. im Jahr 2012 auf CHF 40 Mio. im Jahr 2015. Mit dem Wegfall der kollektiven Leistungen ist der Staatsbeitrag an die IV kontinuierlich gesunken und seit 2015 ist die IV nicht mehr auf Staatsbeiträge angewiesen. Dazu kam auch, dass in den Folgejahren viele ältere IV-Jahrgänge ins AHV-Rentenalter wechselten, ohne dass entsprechend viele jüngere Jahrgänge invalid wurden.
Ist angesichts der steigenden Einnahmen eher ein Leistungsausbau (z.B. hinsichtlich Wiedereingliederungsmassnahmen) oder eher eine Kürzung der Beiträge angedacht? Ein Ausbau des Leistungskatalogs der IV ist nicht geplant. Sinnvoller dürfte es sein, die Beiträge der Versicherten und Arbeitgeber an die IV zu kürzen. Im Gegenzug könnten zum Beispiel die Beiträge an die AHV oder die FAK erhöht werden. Dies könnte für die Beitragszahler kostenneutral gestaltet werden.
Mit welchen Entwicklungen ist die IV künftig konfrontiert, die so hohe Reserven rechtfertigen? Eine allfällige Erhöhung des ordentlichen Rentenalters bei der AHV hätte auch Auswirkungen auf die IV. In diesem Fall hätte die IV ein Jahr länger IV-Renten auszurichten. Zugleich zeigt die Praxis, dass wieder vermehrt Rentenanträge von jüngeren Personen gestellt werden. Diese beiden Punkte verlangen aber keine Reserven des IV-Fonds in der aktuellen Höhe. Sobald das IV-Vermögen unter die gesetzliche Schwelle sinkt, würde gemäss Art. 28 IVG der Staatsbeitrag an die IV wieder einsetzen. Dies wäre der Fall, wenn das IV-Vermögen auf 5% einer Jahresausgabe sinkt. Davon sind wir aber noch weit entfernt.
Kleine Anfrage des Abgeordneten Peter Frick zum Thema: Suchtberatungsstelle
Im vergangenen Oktober erteilte das Ministerium für Gesellschaft und Kultur diversen Interessenten eine Absage, die eine landesinterne und niederschwellige Suchtberatungsstelle in Liechtenstein schaffen und dafür einen Leistungsauftrag erhalten wollten.
Zwischenzeitlich ist jedoch, wie dem Liechtensteiner Vaterland vom 26. Januar 2022 zu entnehmen war, wieder Bewegung in die Sache gekommen. Die Regierung traf sich zu einer Sitzung mit diversen Personen aus den Bereichen Psychosoziale Versorgung, Ministeriumsmitarbeitern und dem Amt für Soziale Dienste. Thema war unter anderem die Suchtberatungsstelle. Dem Projekt wurde Wohlwollen entgegengebracht, und ein weiterer Versuch, einen Leistungsauftrag für eine Suchtberatungsstelle in Liechtenstein zu erhalten, wurde angestrebt.
Wird das Projekt “Suchtberatungsstelle” von der Regierung vorangetrieben?Mitarbeitende der Suchtberatung vermitteln bei Bedarf ambulante oder stationäre Therapien. Die Beraterinnen und Berater sind Fachleute, also zum Beispiel der Sozialen Arbeit, der Medizin, der Psychologie oder der Sozialpädagogik, und unterliegen der Schweigepflicht. Sie unterstützen sowohl Betroffene als auch Angehörige bei Fragen zu Suchtthemen.
Es ist unbestritten, dass Personen mit einer Suchtmittelabhängigkeit Hilfe erhalten sollen. Dies kann Beratungen, Therapien, Wohnbegleitungen oder lebenspraktische Hilfen umfassen. Diese Leistungen können vom Land selbst erbracht werden oder über Leistungsverträge durch private Einrichtungen erfolgen. Zudem bestehen für das Land mit den beiden Suchtberatungsstellen Sarganserland und Werdenberg gut erreichbare Möglichkeiten der Beratung von Personen mit Suchtproblemen und ihren Angehörigen.
Es gibt in Liechtenstein Therapeuten und Ärzte, die explizite Ausbildungen und Erfahrungen im Suchtbereich haben. Zudem steht der Psychiatrisch-Psychologische Dienst im Amt für Soziale Dienste Beratungen und Abklärungen zur Verfügung.
Die optimierte Versorgung von Suchtkranken wird auch im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Psychiatriekonzepts aufgenommen.
Wie ist der Stand bei der Ausarbeitung eines Leistungsauftrages? Es besteht die Möglichkeit für Personen aus Liechtenstein, eine Suchtberatung bei den beiden dafür spezialisierten Suchtberatungsstellen Sarganserland und Werdenberg in Anspruch zu nehmen. Die Kosten übernimmt das Land. Mit beiden Beratungsstellen besteht eine Leistungsvereinbarung. Es ist geplant, dass die vorgängige Abklärung und Zuweisung von Beratungsbedürftigen durch das Amt für Soziale Dienste in Zukunft wegfallen soll.
Es liegt auch ein Antrag eines inländischen Anbieters für die Finanzierung einer allgemeinen Beratungsstelle vor. Diese sieht unter anderem die Beratung und Begleitung von Menschen mit einer Suchterkrankung vor. Der Antrag wird in Zusammenhang mit der Erarbeitung des Psychiatriekonzeptes geprüft.
Ab wann kann Liechtenstein mit einer eigenen Suchtberatungsstelle rechnen? Im Zusammenhang mit der Erarbeitung des Psychiatriekonzeptes soll auch die Versorgung von Suchtkranken berücksichtigt werden. Zudem soll geklärt werden, ob allenfalls weitere Angebote nötig sind. Nach der internationalen Klassifikation Psychiatrischer Krankheiten (ICD-10) sind Suchterkrankungen als psychische Störungen zu betrachten und eine professionelle Behandlung und Beratung muss in einem Kontext mit professioneller psychiatrischer und suchttherapeutischer Kompetenz erfolgen.
Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Oehry zum Thema: 2G nicht verfassungskonform
Der Staatsgerichtshof hat an seiner Sitzung vom 10. Mai 2022 entschieden, dass die 2G-Regel nicht verfassungskonform war. Die 3G-Regel hingegen schon. Diese Woche wurde nun dieser Entscheid veröffentlicht und der Staatsgerichtshof kommt als Kurzfassung zum Schluss, dass die 2G-Regel aufgrund einer mangelnden gesetzlichen Grundlage verfassungs- und gesetzwidrig war. Im Kern, weil eine Alternative nicht vorhanden war, denn im Vergleich dazu wurde bei 3G auch ein negativer Test akzeptiert.
Dies führt zu folgenden Fragen:
Auch wenn diese nicht konforme Verordnung bereits nicht mehr gültig ist, stellt sich die Frage, welche Erkenntnisse die Regierung aus diesem Urteil zieht? Mit Urteil vom 10. Mai 2022, welches am 31. Mai kommuniziert wurde, entschied der Staatsgerichtshof, dass die 2G-Zertifikatspflicht aufgrund einer mangelnden gesetzlichen Grundlage verfassungs- und gesetzwidrig war. Demgegenüber war die Maskenpflicht für Kinder ab sechs Jahren sowohl verfassungs- wie auch gesetzeskonform. Die Regierung hat die Einführung der 2G-Regel auf das von der Schweiz übernommene Epidemiengesetz gestützt und dieses als ausreichende und verfassungskonforme Rechtsgrundlage beurteilt. Dass der Staatsgerichtshof nun zu einem anderen Schluss gekommen ist, nimmt die Regierung zur Kenntnis. Für die Regierung entsteht durch das Urteil angesichts der mittlerweile erfolgten Aufhebung der vom Urteil betroffenen Verordnung kein unmittelbarer Handlungsbedarf, der möglichen zukünftigen Notwendigkeit einer 2G-Zertifikatspflicht ist aber Rechnung zu tragen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass der Staatsgerichtshof betont, dass die 2G-Regelung die Grundrechtseingriffskriterien des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit erfüllte.
Werden seitens der Regierung aufgrund dieses Urteils Abklärungen getroffen, damit bei einer allfälligen erneuten 2G-Einführung diese rechtsgültig wäre? Die Regierung wird im Hinblick auf weitere Pandemiewellen nun eingehend prüfen, welche nationalen gesetzlichen Grundlagen für eine allfällige Wiedereinführung der 2G-Regel oder für andere potenziell zu erlassende Massnahmen zuhanden des Landtages ausgearbeitet werden müssen.
Kleine Anfrage des Abgeordneten Daniel Seger zum Thema: Psychische Gesundheit bei Kindern und Jugendlichen
Immer mehr erfährt man von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Problemen und hört von betroffenen Eltern, dass sie in der Begleitung ihrer Schützlinge an ihre Grenzen stossen. Die Nachfrage von Betroffenen nach Unterstützung ist gross, doch gebe es sowohl für die ambulanten wie auch für die teilstationären und stationären Hilfen Wartelisten. Die Zeit, in der keine Hilfe zum Tragen kommt, ist verständlicherweise nur schwer auszuhalten. Oft fehlt das Wissen, an wen man sich in solchen Ausnahmesituationen wenden kann.
Dazu habe ich folgende Fragen:
An welche Stellen können sich betroffene Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern wenden? Für die Behandlung psychischer Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen sind die niedergelassenen Kinderärzte, die Kinder- und Jugendpsychiater und -psychiaterinnen sowie die Kinder- und Jugendpsychotherapeuten in freier Praxis die ersten Ansprechpartner. Bei Suchtproblemen Jugendlicher kann die ambulante Behandlung und Elternberatung auch über die Drogenberatung Clean der Stiftung Maria Ebene in Vorarlberg erfolgen. Eltern von suchtkranken Jugendlichen können sich zudem an die Suchtberatung Sarganserland oder die Suchtberatung Werdenberg wenden.
Darüber hinaus können der Kinder- und Jugenddienst des Amtes für Soziale Dienste sowie die Schulsozialarbeit behilflich bzw. vermittelnd tätig werden. Zu erwähnen sind ausserdem das Eltern Kind Forum, die Elternberatung der Pro Juventute Schweiz sowie die telefonische Beratung für Kinder und Jugendliche unter Telefon 147 (auch per SMS und Chat an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr), mit denen Leistungsvereinbarungen bestehen bzw. vor dem Abschluss stehen.
Welche ambulanten, teilstationären und stationären Unterstützungsmöglichkeiten gibt es für Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen in Liechtenstein und im benachbarten Ausland? Ergänzend zum erwähnten ambulanten Unterstützungsangebot kann der Kinder- und Jugenddienst des Amtes für Soziale Dienste gemäss Indikation Erziehungshilfen und Entlastungsmassnahmen in die Wege leiten.
Eine gewisse teilstationäre pädagogische und arbeitsagogische Unterstützung erfahren psychisch belastete Jugendliche im Rahmen der Timeoutschule und diverser Beschäftigungsprogramme. Zumeist erfolgt parallel dazu eine Behandlung durch einen Kinder- und Jugendpsychiater oder einen Kinder- und Jugendpsychotherapeuten.
Stationäre psychiatrische Behandlungen erfolgen insbesondere in der Jugendpsychiatrie Rankweil, in der Klinik Littenheid und auf der Jugendpsychiatrischen Station in Chur. Im Suchtbereich erfolgen Behandlungen auch in der Klinik Münsterlingen, auf den Therapiestationen Lukasfeld und Carina der Stiftung Maria Ebene sowie im Rehabilitationszentrum Lutzenberg. Darüber hinaus werden als rehabilitative Massnahmen verschiedene pädagogische und sozialtherapeutische Wohn- und Arbeitsprojekte im Inland – so in der Sozialpädagogischen Jugendwohngruppe Triesen und diversen Arbeitsprojekten –, in der Schweiz und in Vorarlberg genutzt. Parallel dazu erfolgt zumeist eine ambulante Behandlung bei einem niedergelassenen Psychiater und/oder Psychotherapeuten.
Wie ist der Stand der Bedarfsplanung der Psychiatrieversorgung? Wie seitens der Regierung Anfang Mai kommuniziert wurde, hat das Ministerium für Gesellschaft und Kultur ein Projekt lanciert, das gestützt auf eine Bestandsaufnahme die beiden Schwerpunkte psychiatrisches Notfallmanagement sowie Optimierung der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung in den Vordergrund stellt. Auch andere Themen, wie potenziell erweiterte Angebotsformen beispielsweise durch eine psychotherapeutische Tagesklinik und eine bessere Vernetzung involvierter Gesundheitsdienstleister und Stellen, werden mitberücksichtigt. Vorgesehen ist in den nächsten Monaten der Einbezug aller betroffenen Institutionen im In- und Ausland, um eine bedarfsgerechte, patientenorientierte und qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen.
Wie sieht es mit freien Kapazitäten bei den Psychologinnen und Psychologen aus?In den letzten Jahren erfolgte ein systematischer Ausbau des psychologischen Angebotes. Kürzlich eröffnete eine Kinder- und Jugendpsychotherapeutin ihre Praxis in Triesen. Diese OKP-Stelle war im vergangenen Herbst von der Regierung auf Antrag des Krankenkassenverbandes sowie des Berufsverbandes der Psychologinnen und Psychologen Liechtensteins geschaffen worden.
Überlegt sich die Regierung, weitere OKP-Stellen zu schaffen? Die Versorgungslage im Bereich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung wird von der Regierung gemeinsam mit den Tarifpartnern laufend evaluiert. Im Übrigen ist auf die in Ausarbeitung befindliche Bedarfsplanung im Psychiatriebereich zu verweisen.