Kleine Anfragen an Regierungschef Dr. Daniel Risch

Regierungschef Dr. Daniel Risch beantwortet die kleinen Anfragen

Kleine Anfrage der Abgeordneten Norma Heidegger zum Thema: Immobilien- und Hypothekarmarkt

Abgeordnete Norma Heidegger

Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken hat, gemäss Medienmitteilung der Regierung vom 11. Februar 2022, eine europaweite systemische Bewertung von mittelfristigen Risiken im Wohnimmobiliensektor abgeschlossen.

In diesem Zusammenhang wurde für den liechtensteinischen Wohnimmobiliensektor, aufgrund der hohen Verschuldung der privaten Haushalte, eine Risikowarnung ausgesprochen. Diese Risikobewertung bestätigt frühere Analysen der FMA. Der FMA-Bericht vom Oktober 2021 zeigt Schlussfolgerungen und mögliche Massnahmen auf, um eine adäquate Risikoüberwachung zu ermöglichen. In einem ersten Schritt sollten vor allem die Datenverfügbarkeit und das Risikobewusstsein gestärkt werden. Mit der Schliessung der Lücken von Immobiliendaten soll die Datengrundlage dann zur Hypothekarkreditvergabe zur Verfügung stehen. Mich würde interessieren, inwieweit bereits Massnahmen angestossen und umgesetzt wurden.

Findet eine regelmässige Datenmeldung und Datenerhebung von den betroffenen systemrelevanten Banken statt, um diese Datenlücke zu schliessen und wo werden diese Daten aufbereitet?
Dr. Daniel Risch: Die Datenverfügbarkeit zum liechtensteinischen Hypothekarmarkt wurde bereits im Jahr 2015 verbessert, nachdem die FMA die ersten Berichte zum Immobilien- und Hypothekarmarkt veröffentlicht hatte. Seitdem melden Banken beispielsweise die Anzahl und das Volumen der Kredite, welche gemäss internen Richtlinien in den Kategorien Beleihungssatz, Amortisation oder Tragbarkeit ein so genanntes Ausnahmegeschäft («exception-to-policy», ETP) darstellen. Weitere Analysen der FMA, u.a. im jährlichen Finanzstabilitätsbericht, aber auch im letzten Jahr veröffentlichten Bericht zum Immobilien- und Hypothekarmarkt, haben jedoch gezeigt, dass die Datenverfügbarkeit für eine umfassende Risikoanalyse nach wie vor nicht ausreichend ist. Da auch andere europäische Länder dieses Problem kennen, hat der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) im Jahr 2019 eine überarbeitete Empfehlung zur «Schliessung von Lücken bei Immobiliendaten» veröffentlicht. Auf Basis der Analysen der FMA hat der Ausschuss für Finanzmarktstabilität im Jahr 2020 eine Empfehlung ausgesprochen, wie dies in Liechtenstein umgesetzt werden soll. Die FMA arbeitet – in enger Zusammenarbeit mit den Banken – daher bereits seit knapp eineinhalb Jahren an der technischen Umsetzung dieser Empfehlung und hat im letzten Jahr eine entsprechende Wegleitung veröffentlicht. Die ersten detaillierten Daten werden von den Banken mit einem signifikanten Marktanteil im liechtensteinischen Hypothekarmarkt im Laufe dieses Jahres an die FMA gemeldet. Erste Ergebnisse für den Gesamtmarkt können daher gegen Ende des Jahres oder Anfang 2023 erwartet werden. Parallel dazu wurde im Ausschuss für Finanzmarktstabilität auch diskutiert, in welchen Bereichen weitere Verbesserungen der Datenverfügbarkeit wünschenswert wären und auch realisierbar sind.

Kann aufgrund dieser Daten eine Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt werden, um festzustellen, ob eine allfällige Empfehlung von verschärften Kreditvergabestandards notwendig ist? Bis wann wird diese Analyse vorliegen?
Dr. Daniel Risch: Ja. Mit den neuen Daten wäre es beispielsweise möglich, bei einer geplanten Massnahme im Detail zu prüfen, welcher Anteil der Kreditnehmer potenziell betroffen wäre, was für eine Kosten-Nutzen-Analyse und die darauf basierende Entscheidung sehr wichtig ist. Eine Analyse basierend auf den neuen Daten ist im ersten Halbjahr 2023 zu erwarten, wenn von den Banken einige Meldungen auf Quartalsbasis eingetroffen sind.

Bei den Kreditvergaben nehmen die Banken eine zentrale Rolle ein, um die Kreditnehmer über die Risiken einer hohen Fremdfinanzierung aufzuklären und die Möglichkeiten einer schnelleren Amortisation aufzuzeigen. Hier wäre eine gesetzliche Grundlage oder Empfehlung, die in Zusammenarbeit mit den Banken ausgearbeitet werden könnte, denkbar. Wurde diese Begleitmassahme aufgenommen? Wenn ja, wie sieht das weitere Vorgehen zur Umsetzung aus? Wenn nein, wieso nicht?
Dr. Daniel Risch:
Ja, auch in diese Richtung wurden bereits Schritte gesetzt. Der Ausschuss für Finanzmarktstabilität (AFMS) hat in seiner Sitzung im Dezember 2021 den Auftrag an die FMA erteilt, in Zusammenarbeit mit den Banken bzw. Praxisvertretern einerseits ein gemeinsames Risikoverständnis sicherzustellen, und andererseits mögliche Lösungsansätze zur Adressierung der langfristigen Risiken zu erarbeiten. Die FMA hat dazu eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der neben dem Bankenverband auch die drei national systemrelevanten Banken vertreten sind. Neben den gemeinsamen Gesprächen findet zudem ein bilateraler Austausch zwischen der FMA und den einzelnen Banken statt, um die Kreditvergabepraxis zu analysieren und mögliche Lösungsansätze aus Sicht der Banken zu diskutieren. Das erklärte Ziel aller Beteiligten ist es, die langfristigen Finanzstabilitätsrisiken zu adressieren, ohne dass der Zugang zum Hypothekarmarkt – gerade für jüngere Kreditnehmer – weiter erschwert wird. Erste Vorschläge zur Adressierung der Risiken, z.B. zur Verbesserung des Risikoverständnisses, liegen voraussichtlich gegen Ende des Jahres vor.


Kleine Anfragen des Abgeordneten Sascha Quaderer zum Thema: Mindestzinssatz bei Darlehen

Abgeordneter Sascha Quaderer

Die Steuerverwaltung bestimmt in ihrem Merkblatt die zulässigen Mindest- und Maximalzinssätze für Vorschüsse an Beteiligte oder von Beteiligten.

Die geforderten Mindestzinsen sind im Verhältnis zur Schweiz zu hoch, was in der Praxis gemäss Steuerexperten regelmässig zu Problemen führt. So ist beispielsweise bei grossen Intercompany-Darlehen der Mindestzinssatz in Liechtenstein höher als der maximal erlaubte Zinssatz in der Schweiz. Das führt in einem der beiden Länder zu einer Korrektur durch die Steuerbehörde. Es resultiert eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung.

Ist sich die Regierung dieser Problematik bewusst? Was gedenkt die Regierung zu unternehmen, um die wirtschaftliche Doppelbesteuerung zu vermeiden?
Dr. Daniel Risch:
Bei den im Merkblatt festgehaltenen Zinssätzen handelt es sich in Liechtenstein wie auch der Schweiz um eine sogenannte «safe harbour» Regel, d.h. dieser Zinssatz wird als fremdvergleichs­üblich ohne weiteren Nachweis akzeptiert. Der Steuerpflichtige kann jedoch auch einen anderen Zinssatz zur Anwendung bringen, wenn er nachweist, dass für die konkret zu beurteilende Transaktion ein vom Merkblatt abweichender Zinssatz fremdvergleichskonform ist. Die Regierung sieht aufgrund dieser Möglichkeit somit weder eine Problematik noch eine Doppelbesteuerung.

Traditionell sind die wirtschaftlichen Verflechtungen mit der Schweiz besonders eng. Wieso passt die Steuerverwaltung die Zinssätze gemäss Merkblatt nicht den Sätzen der eidgenössischen Steuerverwaltung an und erleichtert so den Unternehmen ihre Arbeit?
Dr. Daniel Risch:
Die Höhe des Zinssatzes ist relevant für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für juristische Personen. Liechtenstein hat eine eigene – mit der Schweiz nicht vergleichbare – Ertragssteuergesetzgebung. Die Regierung sieht keine Notwendigkeit und auch keinen Grund, die Zinssätze der Steuerverwaltung an jene der ESTV anzupassen.


Kleine Anfragen des Abgeordneten Sascha Quaderer zum Thema: Steuerruling

Für juristische Personen kann es aufgrund der möglichen finanziellen Folgen sehr wichtig sein, mit der Steuerverwaltung einen geplanten steuerlichen Sachverhalt verbindlich abzuklären.

Die Steuerbehörde nimmt mittels Ruling respektive Steuervorbescheid Stellung und schafft so Sicherheit für die Unternehmen bei geplanten Umstrukturierungen. Während die kantonalen Steuerbehörden in der Schweiz in der Regel innert ein paar Tagen oder wenigen Wochen Antworten liefern, ist es laut Steuerexperten in Liechtenstein offenbar so, dass es hier mehrere Wochen oder Monate dauern kann, bis die Unternehmen verbindliche Antworten erhalten.

Wie viele Personen sind bei der Steuerbehörde befugt, Anfragen von juristischen Personen bezüglich Steuerrulings verbindlich zu beantworten?
Dr. Daniel Risch:
Sämtliche Steuerrulings werden vom Amtsleiter sowie dem – je nach Steuerart – zuständigen Abteilungsleiter unterzeichnet. Die Regierung erachtet dieses Vorgehen, d.h. das Vieraugen-Prinzip, als angemessen und wichtig, geht es doch vielfach um Entscheide mit grösserer finanzieller Tragweite.

Falls es nur zwei Personen sein sollten – nämlich der Amtsleiter und sein Stellvertreter – ist dieser Personenkreis angesichts der langen Wartezeiten allenfalls zu klein?
In Liechtenstein rühmt man sich regelmässig der kurzen Wege. Wie beurteilt die Regierung diese langen Wartezeiten?
Dr. Daniel Risch: 
Diese Fragen können nur allgemein beantwortet werden, da die Regierung die Fälle, die zu diesen Fragen geführt haben, nicht kennt. Die meisten Steuerrulings werden innert 14 Tagen geprüft. Es gibt aber auch Rulings, die komplex, unklar und unvollständig sind, weshalb es zu Rückfragen seitens der Steuerverwaltung kommt, was die Durchlaufzeit natürlich verlängert. Des Weiteren gibt es Rulinganträge von Steuerpflichtigen und Steuerberatern, deren Inhalt von der Steuerverwaltung in der ursprünglich eingereichten Form nicht bestätigt wird, da unterschiedliche Beurteilungen zum geschilderten Fall bestehen. Solche Anträge werden vom Antragssteller überarbeitet oder zurückgezogen.

Plant die Regierung Massnahmen zur schnelleren Bearbeitung von Steuerrulings, damit dieser Standortnachteil eliminiert werden kann?
Dr. Daniel Risch:
Bei einer Bearbeitungszeit von grundsätzlich 14 Tagen sieht die Regierung keinen Handlungsbedarf bzw. keinen Standortnachteil.


Kleine Anfragen des Abgeordneten Sascha Quaderer zum Thema: Lohn von Unternehmern

Nachdem Anwälte und Ärzte vor einigen Jahren die Möglichkeit erhalten hatten, ihre wirtschaftlichen Aktivitäten in juristische Personen einzubringen, entstand eine vertiefte Diskussion mit der Steuerverwaltung über den angemessenen Unternehmerlohn.

In der Folge erging ein VGH-Urteil zu einer Ärzte-AG (das war die Nr. 2013/067). Wie mir von verschiedenen Seiten zugetragen wurde, entwickelte die Steuerverwaltung daraus eine allgemein anwendbare Praxis für alle KMU und fordert von den KMU-Unternehmern im Land, dass sie sich einen Lohn auszahlen, welcher den Marktlohn als Basis nimmt. Auf diese Basis sind dann noch zusätzliche 45% des Gewinns des Unternehmens draufzuschlagen. Erst dieser Lohn wird von der Steuerverwaltung als angemessen erachtet.

Wieso entwickelte die Steuerverwaltung aus diesem speziellen Einzelfall eine allgemeine Praxis?
Dr. Daniel Risch:
Art. 14 Abs. 2 Bst. d Steuergesetz (SteG) hält fest, dass ein Inhaber einer steuerpflichtigen juristischen Person, in welcher er auch tätig ist, ein angemessenes Gehalt zu deklarieren habe. Dabei sind der Umfang der Arbeit, die Stellung und die damit verbundene Verantwortung, die berufliche Fähigkeit, die Grösse des Betriebes sowie die sonstigen Besoldungsverhältnisse im Betrieb zu berücksichtigen. Die Deklaration eines angemessenen Lohnes obliegt vorerst dem Inhaber. Die Steuerverwaltung nimmt lediglich eine Korrektur vor, wenn der deklarierte Lohn in einem starken Missverhältnis zu den erwähnten Kriterien sowie der Ertragskraft bzw. den Dividendenausschüttungen steht.

Basis für die Lohnanpassungen durch die Steuerverwaltung bildet diese Bestimmung sowie die dazu ergangene Rechtsprechung. Zwischenzeitlich sind schon mehrere VGH-Entscheidungen hierzu ergangen. Die Praxis wurde also nicht basierend auf einem Einzelfall entwickelt.

Wieso wird diese neue Praxis nun auch bei Unternehmern angewandt, die sich seit Jahren den gleichen Lohn ausbezahlen?
Dr. Daniel Risch:
Eine Lohnanpassung ist vorzunehmen, falls der deklarierte Lohn nicht mehr den in Antwort 1 erwähnten Kriterien entspricht. Kriterien wie z.B. berufliche Fähigkeit, Grösse und Erfolg des Betriebes und Besoldungsverhältnisse im Betrieb können sich im Laufe der Zeit ändern.

Wieso wendet die Steuerverwaltung ihren Ermessensspielraum im Sinne einer Steuermaximierung an, wenn a) die Staatsrechnung in den letzten Jahren hohe Überschüsse erzielte, b) sich die Steuereinnahmen mit Einführung der 15%-Mindeststeuer für grosse Unternehmen vermutlich noch weiter erhöhen werden und c) andere Länder, wie etwa die Schweiz, den vergleichbaren Marktlohn für einen Geschäftsführer als steuerlich angemessen anerkennen?
Dr. Daniel Risch: 
Die Steuerverwaltung setzt eine gesetzliche Bestimmung um und verfolgt keine Steuermaximierung. Erwähnt sei, dass die Anpassung eines unangemessen tiefen Unternehmerlohns insbesondere auch sozialversicherungsrechtlich relevant ist, nachdem sich die AHV-Betragspflicht nach dem steuerlich massgebenden Lohn bemisst.

Sind auch Unternehmer mit grossen Unternehmen betroffen oder werden KMU diskriminiert?
Dr. Daniel Risch: 
Betroffen von der Regelung sind alle juristischen Personen, bei denen der Inhaber im Betrieb tätig ist. Sind die Inhaber der juristischen Person nicht auch gleichzeitig Arbeitnehmer derselben Gesellschaft, ergibt sich kein Interessenskonflikt und der Lohn ist zwangsläufig angemessen.

Wie beurteilt die Regierung diese Praxis in Bezug auf die Standortattraktivität Liechtensteins für Unternehmer?
Dr. Daniel Risch:
Die Regierung ist der Ansicht, dass Liechtenstein für natürliche wie auch juristische Personen steuerlich attraktiv ist, auch im Vergleich zur Schweiz.