Rücktrittsrecht des Konsumenten bei Fernabsatzverträgen

Thomas Nigg, Partner der Rechtsanwaltskanzlei Gasser & Partner, Vaduz.

Während neue Marktentwicklungen durch technischen Fortschritt zu einer Vielzahl neuer Güter und Produkte führen, stehen auf der anderen Seite die betroffenen Konsumenten immer wieder vor schwierigen Situationen, zumal der Durchschnittsverbraucher vor neuen Entwicklungen nicht verschont bleiben kann. Um dieses rechtliche Ungleichgewicht auszugleichen, sieht das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) bestimmte Garantien vor. Eines der wesentlichen Themen ist im Lichte des zunehmenden Online-Shoppings unter anderem das Rücktrittsrecht, welches im Hinblick auf die bevorstehenden Feiertage den einen oder die andere vor übereilten Impulskäufen zu retten vermag.

Zweck des Konsumentenschutzgesetzes
Immer häufiger stehen sich Verkäufer und Käufer physisch nicht gegenüber, sondern treten auf elektronischem Weg mittels Telefon oder über das Internet in Kontakt. Bei derartigen Fernabsatzgeschäften kommt es in der Regel zu Nachteilen für den Käufer, da er die Ware weder unmittelbar sehen noch prüfen kann. Hinzu kommt, bei Haustürgeschäften oder Telefonverkäufen der sogenannte «Überraschungseffekt», welcher oftmals eine Überrumpelung beim Kunden hervorruft. Zweck des in Liechtenstein bereits im Jahr 2002 eingeführten KSchG ist es, solchen Situationen durch Rechtsbestimmungen entgegenzuwirken und so den Konsumenten vor professionellen Anbietern im Geschäftsverkehr zu schützen. Das in Art. 4 KSchG normierte Rücktrittsrecht soll somit jene Fälle abdecken, in denen der Verbraucher seinem unternehmerisch tätigen Vertragspartner unterlegen ist. Es ist daher zu beachten, dass dem Konsumenten nicht in jedem denkbaren Fall ein grundloses Rücktrittsrecht zukommt. So kann sich der Konsument bei abgeschlossenen Privatgeschäften mit einem weiteren Konsumenten auch nicht auf das Rücktrittsrecht nach dem KSchG berufen. In einem solchen Fall, oder bei Vertragsabschlüssen zwischen zwei Unternehmern, die im Rahmen ihrer Unternehmertätigkeit handeln, kommt das KSchG nicht zur Anwendung. Schliesslich ist noch darauf hinzuweisen, dass sich der gegenständliche Artikel mit dem liechtensteinischen Konsumentenrecht. Bei Verträgen mit Verkäufern aus  Drittstaaten kann unter Umständen fremdes Recht anwendbar sein, wodurch das liechtensteinische KSchG nur eingeschränkt gilt. 

Definition des Rücktrittrechts
Das Gesetz spricht grundsätzlich lediglich von einem Rücktritt. Häufig wird aber auch das Synonym Widerruf verwendet. Die Bezeichnung als Widerruf oder Rücktritt macht jedenfalls keinen Unterschied. Viel wichtiger ist jedoch die einzuhaltende Frist, welche für Fernabsatzverträge 14 Tage beträgt. Innerhalb dieser Frist kann der Verbraucher grundsätzlich ohne Kosten und ohne Angabe von Gründen von derartigen Verträgen zurücktreten. Bei Warenkaufverträgen beginnt diese Frist frühestens mit dem Tag des Erhalts der Ware zu laufen, bei allen anderen Verträgen im Fernabsatz in der Regel mit dem Tag des Vertragsabschlusses. Die Rücktrittsfrist ist auch dann gewahrt, wenn der Konsument am letzten Tag der Frist noch eine Erklärung absendet (Poststempel).   

Rücktrittserklärung
Die Erklärung des Rücktritts ist an keine bestimmte Form gebunden. Den Verbrauchern steht es frei, gesetzliche Muster-Widerrufsformulare zu verwenden oder aber auch in beliebiger sonstiger Form den Rücktritt zu erklären. Er kann somit mündlich, elektronisch, telefonisch und per Fax erklärt werden, aber auch per SMS oder per E-Mail. Wesentlich ist aber, dass aus der Erklärung die Rücktrittsabsicht hervorgehen muss. Von der Form losgelöst jedoch ist die Frage der Beweisbarkeit, wenn es zu einem Rechtsstreit kommt. Es ist aber empfehlenswert einen solchen Widerruf schriftlich (z.B. per Einschreiben) abzugeben. Wichtig ist ausserdem, dass der Rücktritt dem Unternehmen zugeht. Im Streitfall ist der Konsument hierfür beweispflichtig, auch wenn die Schriftform nicht Voraussetzung für einen fristgerechten Rücktritt ist.  

Folgen des Rücktritts
Tritt der Konsument vom Vertrag zurück, so hat der Unternehmer dem Verbraucher grundsätzlich alle von diesem geleisteten Zahlungen unverzüglich, spätestens aber binnen 14 Tagen ab Erhalt der Rücktrittserklärung zu erstatten. Besonderes gilt jedoch beim Rücktritt von Dienstleistungen. Hat nämlich die Dienstleistung während der Rücktrittsfrist begonnen und ist sie im Rücktrittszeitpunkt noch nicht vollständig erbracht, so ist ein Rücktritt zwar zulässig. Der Verbraucher kann aber unter Umständen zur anteiligen Kostentragung verpflichtet sein. Das bedeutet, ihm steht unter gewissen Voraussetzungen lediglich eine anteilige Rückerstattung zu.