Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs wünschte sich die Liechtensteiner Bevölkerung verständlicherweise von Zeit zu Zeit eine Ablenkung von den Sorgen des Alltags. Da kam die erste Aufführung der Operettenbühne im ersten Kriegswinter 1940 gerade recht. Zum 80-jährigen Bestehen hat der Verein kürzlich ein Buch herausgegeben, das sich mit dessen Geschichte befasst.
«Es mag wohl manche gegeben haben, die dieser Aufführung etwas skeptisch gegenüberstanden, weil sie glauben mochten, dass die gestellten Anforderungen zu gross seien. Doch der Männergesangverein Vaduz und das Orchester haben bewiesen, dass sie auch einer grösseren Sache gewachsen sind.» So lautete das Fazit des «Liechtensteiner Vaterlands» zum ersten Auftritt der Operettenbühne Vaduz. Gegeben wurde im Januar 1940 «Das Waldvögelein» von Georg Mielke. Seither sind 57 weitere Operetten hinzugekommen, auf welche die eng mit dem Verein verbundene Gesellschaft der Theaterfreunde im Jubiläumsbuch «80 Jahre und kein bisschen leise. Operettenbühne Vaduz 1940–2020» zurückblickt.
Fünf Präsidenten in 80 Jahren
Jede der 58 bisherigen Operetten, die bis 1974 jährlich, seither im Wechsel mit Balzers im Zweijahresrhythmus stattfinden, ist in der Jubiläumsschrift auf einer Seite vorgestellt. Daneben kommen Bürgermeister Manfred Bischof und mit dem im Jubiläumsjahr verstorbenen Hilmar Ospelt sowie mit Arthur Konrad und Karlheinz Ospelt drei von Bischofs Amtsvorgängern zu Wort. Zusätzlich finden sich wissenswerte Informationen zur Operettenbühne und zur Gesellschaft der Theaterfreunde, wobei nicht zuletzt die Kontinuität der Operettenbühne zu beeindrucken weiss. Lediglich fünf Präsidenten, sieben Kapellmeister und neun Regisseure prägten die acht Jahrzehnte der Vereinsgeschichte.
Was unterschiedet die Operettenbühne 2021 von derjenigen 1940?
Clemens Laternser: Mit einer Erweiterung ihres Repertoires in den Bereich des klassischen Musicals hat sich unsere Bühne musikalisch erheblich weiterentwickelt und konnte sich eine neues Publikumssegment erschliessen. Im März 2021 war die Aufführung von Cole Porters Broadway-Musical «Kiss me, Kate» geplant. Dabei wurde uns von der Pandemie jedoch ein Strich durch die Rechnung gemacht. Wir führen das Stück nun zwei Jahre später auf, voraussichtlich im März 2023.
Wie beschreiben Sie den Beitrag der Operettenbühne zum Liechtensteiner Kulturleben?
Der Bekanntheitsgrad und die Reputation der Operettenbühne Vaduz haben über die Jahre stetig zugenommen. Dies ist nicht zuletzt auf die mittlerweile sehr hohe Qualität der Aufführungen zurückzuführen. So hat sich die Operette Vaduz zu einem wichtigen kulturellen Faktor für Vaduz, Liechtenstein und die benachbarten Regionen Graubünden, St. Gallen und Vorarlberg entwickelt. Die Aufführungen werden regelmässig von 5000 bis 6000 Zuschauerinnen und Zuschauern besucht.
Was sind die besonderen Stärken der Operettenbühne und welche Rückmeldungen erhalten Sie von den Aufführungsgästen?
Genuss für alle Sinne – dafür steht die Operettenbühne Vaduz. Wir legen seit jeher sehr grossen Wert auf höchste musikalische Qualität. Dafür bürgt die Verpflichtung von erstklassigen Solistinnen und Solisten sowie des Sinfonieorchesters Liechtenstein, das Engagement des Operettenchors mit Mitgliedern aus der ganzen Region und die Zusammenarbeit mit innovativen Regisseurinnen und Regisseuren. Abgerundet wird das Erlebnis durch eine hochstehende Gastronomie. Nicht von ungefähr sind Publikum und Kritik regelmässig gleichermassen begeistert.
Mit welchen Herausforderungen hat Ihr Verein zu kämpfen und wie bewältigen Sie diese?
Das Bekenntnis zu höchster Qualität hat natürlich auch seinen Preis. Obwohl die Mitglieder der Operettenbühne Vaduz viel unentgeltliche Arbeit leisten, ist die Finanzierung der Produktionen jedes Mal wieder eine grosse Herausforderung. Dabei finanzieren wir mehr als 70 Prozent aus den Ticketeinnahmen, den Rest über Sponsoren, Inserenten und über Beiträge der öffentlichen Hand.
Von welchen Personen und Organisationen wird die Operettenbühne konkret gefördert?
Wir sind dankbar für die Unterstützung der Gemeinde Vaduz, die uns finanziell unterstützt und den Vaduzer Saal zur Verfügung stellt sowie für den Beitrag der Kulturstiftung Liechtenstein. Daneben fördern uns verschiedene gemeinnützige Stiftungen mit namhaften Beträgen. Wir würden uns allerdings ein grösseres Engagement der Privatwirtschaft wünschen. Diesbezüglich stellen wir – vor allem bei den grösseren Unternehmen – eine zunehmende Zurückhaltung, ja sogar einen Rückzug aus dem inländischen Kultursponsoring fest.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft der Operettenbühne?
Die Operettenbühne hat vor vier Jahren mit «My Fair Lady» erfolgreich eine Öffnung in Richtung des klassischen Musicals vollzogen. Diese Öffnung werden wir weiterverfolgen und abwechselnd Operetten und klassische Musicals spielen. Ziel ist es, die Aktivitäten der Operettenbühne noch viele Jahre fortführen und Produktionen auf hohem Niveau anbieten zu können. Dafür braucht es nicht nur die Mitarbeit der vielen freiwilligen Helfer, sondern auch ein weiteres Bekenntnis der öffentlichen Hand sowie der privaten Investoren.