Beinahe 45 Jahre war Arnold Kind im Bildungsbereich tätig. Zunächst als Primarlehrer in Gamprin, seit 1990 beim Schulamt, wo er rasch Leitungsfunktionen übernommen hat. Seit 2012 ist Arnold Kind Amtsleiter. Zum Ende des Schuljahres geht er nun in Pension und blickt zurück auf eine sehr arbeits-, aber auch erfolgreiche Zeit.
Herr Kind, Sie sind seit fast zehn Jahren Leiter des Schulamts und gehen auf Ende Juni in Pension. Welche Ziele haben Sie sich gesetzt, als Sie Ihr Amt angetreten haben?
Arnold Kind: Der Fokus lag damals wie heute für mich auf der Zielsetzung, für eine qualitativ hochstehende Schul- und Bildungslandschaft zu sorgen, in welcher das Lernen der Schülerinnen und Schüler sowie Studierenden optimal gewährleistet ist und für das Bildungspersonal optimale Rahmenbedingungen bestehen. Die damaligen Ziele wurden insbesondere durch verschiedene grössere Entwicklungen geprägt. So war 2011 eine grössere Teilrevision des Schulgesetzes beschlossen worden und damit verbunden mussten eine ganze Reihe von Verordnungen, Richtlinien und Konzepten erarbeitet werden. Auch war absehbar, dass der Lehrplan für Kindergarten und Pflichtschule neu erarbeitet werden muss und die Digitalisierung verstärkt Einzug halten wird. Ausserdem war damals der Staat gefordert, einschneidende Sparmassnahmen umzusetzen und schliesslich ist auch die Reorganisation des Schulamts zu erwähnen.
Wie lautete Ihre Bilanz? Konnten Sie diese Ziele erreichen?
Zuerst muss zu dieser Fragestellung betont werden, dass ein Amtsleiter sicher eine wichtige Führungsfunktion innehat und somit einiges bewirken kann. Entscheidend aber ist am Ende das Zusammenspiel des ganzen Schulamtteams, die Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium, das Zusammenwirken mit anderen Ämtern, mit den Schulleitungen, aber genauso mit den Wirtschaftsverbänden, Gemeinden, Elternvereinen und weiteren Akteuren, wobei auch ein funktionierendes Netzwerk über die Landesgrenzen hinaus zu erwähnen ist.
Und ja, die Ziele konnten insgesamt erreicht werden – und natürlich ist im Laufe der Zeit noch einiges dazu gekommen. Um einige Beispiele zu nennen: Basierend auf den Schulgesetzanpassungen 2011 konnten die Führungsstrukturen mit dem Ausbau der Schulleitungen im Schulbereich verbessert werden. Mit dem Projekt Kleinschule Planken wurde das altersdurchmischte Lernen gefördert und in der Folge haben sich mehrere Gemeinden für ein ähnliches Modell entschieden. Aus meiner Sicht sehr wichtig waren auch die Verbesserung der Förderstrukturen mit dem Ausbau der Heilpädagogischen Begleitung im Kindergarten und der Einführung der sprachlichen Frühförderung. Zu erwähnen sind ausserdem die «Blockzeiten plus» an den Gemeindeschulen sowie die Tagesschulen, welche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützen.
Was waren für Sie die Höhepunkte in Ihrer Zeit als Amtsleiter?
Manchmal sind es gar nicht die grossen, öffentlichen Arbeiten oder Projekte, welche den Berufsalltag prägen, sondern ein entscheidender Beitrag zu Lösungen in verschiedenen schwierigen Situationen von Familien, von Lehrpersonen oder von Mitarbeitenden. Öffentlichkeitswirksam sind natürlich dann Projekte wie die Erarbeitung der Schulbautenstrategie, des Lehrplans LiLe, das ICT-Projekt an den Schulen, der Ausbau der Berufsmaturitätsschule Liechtenstein mit Tagesklassenangeboten, um nur einige wichtige zu nennen, welche als zukunftsweisend betrachtet werden dürfen. Erfreulich sind aber auch ganz viele verschiedene Schulprojekte wie der Olympic Day, Projektvorstellungen von Schülerinnen und Schülern in den Abschlussklassen, selbstverständlich auch das erfolgreiche PepperMINT.
Ein trauriger Höhepunkt war die notwendige Schulschliessung vor gut einem Jahr aufgrund der Covid-19-Pandemie. Dank gut funktionierender Zusammenarbeitsstrukturen mit den Schulen, dem Bildungsministerium und vielen anderen Stellen ist es mit grossen Anstrengungen und dem Verständnis der Eltern immerhin gelungen, auch diese Herausforderung so gut es ging zu meistern, die Schulen wieder zu öffnen und bis zum heutigen Zeitpunkt dank funktionierender Schutzkonzepte offen zu halten.
Die Bildung geniesst in Liechtenstein einen hohen Stellenwert, und wir stossen mit unseren Anliegen stets auf gute Resonanz bei Regierung und Landtag.
Arnold Kind, Schulamtsleiter
Gab es auch enttäuschende Momente?
Bei einem so breiten Tätigkeitsfeld gibt es immer auch schwierige Situationen und Enttäuschungen. Wenn ich daran denke, dass wir auf gutes Lehrpersonal angewiesen sind, um gute Schulen zu haben, war es – um ein Beispiel zu nennen – schon sehr enttäuschend, wie die öffentlichen Diskussionen damals um die Pensionskassenproblematik geführt wurde und der Stellenwert des Lehrpersonals wie auch der Landesverwaltung gering geschätzt wurde. Ich bin froh, dass die Regierung nun in der neuen Bildungsstrategie 2025+ ein Handlungsfeld aufgenommen hat, bei welchem es um die Sicherstellung von zeitgemässen und konkurrenzfähigen Anstellungsbedingungen für das Bildungspersonal geht.
Der Satz «Bildung ist unsere einzige Ressource» ist inzwischen fest ins Vokabular der Liechtensteiner Politiker eingegangen. Inwiefern handeln die Abgeordneten und Regierungsmitglieder danach?
Selbstverständlich masse ich mir auch als zukünftiger Pensionist nicht an, die Abgeordneten und Regierungsmitglieder zu beurteilen. Aber ich darf schon positiv festhalten, dass Bildung einen hohen Stellenwert geniesst und wir mit unseren Anliegen, Projektvorschlägen, Gesetzesvorlagen und Budgetanträgen insgesamt wirklich auf gute Resonanz bei der Regierung stossen und wo notwendig dann im Landtag die Vorlagen gutgeheissen werden. Ich hoffe sehr, dass auch weiterhin die grossen Ausgaben im Bereich Bildung als wichtige und notwendige Investitionen in unsere Zukunft gesehen werden.
Die Bildungslandschaft war in der jüngeren Vergangenheit tatsächlich in Bewegung. Elektronische Endgeräte für die Schülerinnen und Schüler, die Einführung des neuen Lehrplans, die Bildungsstrategie 2025+, das SZU II und der Umbau des SZM I sind, wie Sie aufgezeigt haben, nur die bekanntesten Massnahmen. Wie schreiten die einzelnen Projekte voran?
Das ICT-Projekt und damit verbunden der ganze Digitalisierungsprozess im Bildungswesen schreitet gut voran. Auf der Sekundarstufe sind die Arbeiten beinahe vollständig abgeschlossen, auf der Primarstufe können wir wahrscheinlich sogar früher als geplant sämtliche Schülerinnen und Schüler mit den mobilen Geräten bedienen und die ganze Infrastruktur in Betrieb nehmen. Auch die Umsetzung der Schulbautenstrategie schreitet plangemäss voran, bald einmal sollte der Wettbewerb für das SZU II starten. Nicht nur der LiLe auf Stufe Kindergarten und Pflichtschule ist in der Einführung, auch überarbeitete Lehrpläne der Berufsmaturitätsschule und des Gymnasiums sind umgesetzt oder stehen kurz davor. So wird beispielsweise Informatik auf der gymnasialen Oberstufe zum Pflichtfach.
Was wird Sie bis zur Übergabe der Amtsleitung an Ihre Nachfolgerin in zweieinhalb Monaten noch besonders in Anspruch nehmen?
Mit Rachel Guerra konnte erfreulicherweise eine kompetente Nachfolgerin gefunden werden, welche bereits als Abteilungsleiterin im Schulamt tätig ist. Somit erfolgt nun die Amtsübergabe laufend. Nun geht es darum, die Arbeiten bis Schuljahresabschluss und natürlich auch die Vorbereitung des neuen Schuljahres zu bewältigen. Dazu gehört auch die Erstellung des Budgets 2022, welches im Verantwortungsbereich des Schulamts immerhin rund 120 Millionen Franken umfasst. Arbeitsintensiv ist nach wie vor die Bewältigung der Covid-19-Pandemie. Momentan wirken wir beispielsweise bei der Vorbereitung und Organisation der flächendeckenden Speicheltests an den Schulen mit und hoffen sehr, dass wir mittelfristig auch die Schutzkonzepte anpassen können und die Schulen wieder mehr Schulveranstaltungen, Projekte und vielleicht auch Schullager durchführen können.
Was wünschen Sie Ihrer Nachfolgerin?
Rachel kennt als jetzige Leiterin der Abteilung Pflichtschule und Kindergarten die Bildungslandschaft wie auch die Geschäfte des Schulamts sehr gut, verfügt über ein gutes Netzwerk und bringt sicher viele neuen Ideen mit. Ich wünsche ihr das Vertrauen der Mitarbeitenden, der Schulen wie auch der übergeordneten Stellen in der Regierung, auf das ich all die Jahre immer wieder zählen durfte und welches notwendig ist, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Und natürlich wünsche ich ihr, dass das neue Schuljahr 2021/2022 möglichst «coronafrei» gestartet werden kann.
Abschliessend: Welche Pläne haben Sie für Ihre Pension? Wird es ein Ruhe- oder ein Unruhestand?
Ich sage es mal so: Es wird hoffentlich eine gesunde Mischung von Ruhe- und Unruhestand. Projektideen gibt es doch eine ganze Reihe, jedoch keine konkrete Planung. Aber ich freue mich darauf, ohne Zeitdruck das eine oder andere anzugehen wie zum Beispiel einen Sprachaufenthalt in Italien. Das Wichtigste ist es, gesund zu bleiben und viel Zeit und Musse für die Familie, für gute Begegnungen mit interessanten Leuten und für Kultur und Sport zu haben.