Der 24-jährige Florin Konrad aus Schaan ist im vierten Semester seines Masterstudiums in «European Global Studies». Nach dem Abschluss würde ihn eine Stelle im Diplomatischen Dienst oder eine berufliche Herausforderung in der politischen Beratungsbranche reizen. Es ist höchst spannend und interessant, mit Florin Konrad über diverse Themen zu diskutieren.
Wie erlebst du die Corona-Zeit mit diesen einschneidenden gesellschaftlichen Massnahmen?
Florin Konrad: Auch mein Leben wurde durch die Massnahmen eingeschränkt. Ich erlebe nun das dritte Semester im «Homeoffice», wodurch insbesondere in den Seminaren viel verloren gegangen ist, da für diese der aktive Austausch zwischen den Studierenden wichtig ist.
Gerne wird das Lippenkenntnis gegeben, dass die Jugend sowie deren Ausbildung eine unserer wichtigsten Ressourcen ist. Wird in der Bildung für die Schüler und Jugendlichen in Liechtenstein genug getan, oder siehst du notwendige Reformen im Bildungssystem?
Für mich persönlich ist unser Schulsystem eines der besten der Welt. Gerade durch die Möglichkeiten, die das duale Bildungswesen bietet, ist Liechtenstein im internationalen Vergleich besonders gut aufgestellt. Natürlich ist nicht alles perfekt. Reformmöglichkeiten sehe ich vor allem in der Inklusion. Beispielsweise ist es für Kinder mit Legasthenie fast unmöglich, auf dem klassischen Weg Matura zu machen.
Ein zweiter Punkt, der meiner Meinung nach häufig zu wenig angesprochen wird, wenn man über die Reform des Schulsystems debattiert, ist die Thematik, dass für die Qualität der Schulen und des Schulklimas die Lehrpersonen entscheidend sind – unabhängig von den Reformen. Ich persönlich würde deshalb Reformen im Bildungssystems immer mit einer Art «Incentive-System» für Lehrer/innen verbinden, d.h. ein Anreiz-System, bei dem gute Leistungen auch Anerkennung finden.
Du hast dich im Rahmen der Mobilitätsthematik – sprich S-Bahn-Abstimmung – im Sommer 2020 engagiert eingebracht. Bei der Nachwahlbefragung kam zum Ausdruck, dass viele zuerst eine Verkehrslösung für den Knotenpunkt Schaan fordern. Dieser Auftrag erging auch vom Landtag aus an das Land und die Gemeinde Schaan. Was wäre dein Lösungsansatz?
Ich präferiere ganz eindeutig eine Untertunnelung der Bahnlinie, damit würden sich für Schaan und seine Zukunftsplanung bzw. -entwicklung ganz neue Möglichkeiten ergeben. Eine Untertunnelung würde ich aber mit weiteren Massnahmen verbinden. Schaan könnte Vorreiter eines modernen Verkehrslösungs-
Projektes werden.
Welchen gesellschaftspolitischen Themen sollte sich die Politik deines Erachtens dringend mehr annehmen? Wo erwartest du mehr Mut von den Volkvertretern?
Neben den globalen Themen Klimawandel und Migration sind Gleichberechtigung von Mann und Frau, Vaterschaftsurlaub, Ehe für alle und die politische Kultur wichtige gesellschaftliche Themen, denen sich die Politik in Liechtenstein annehmen sollte. Bei der Lösung dieser Anliegen erwarte ich mehr Mut von den Parteien sowie den Volksvertreterinnen und -vertretern. Insbesondere bei der Ehe für alle hoffe ich, dass sich die politisch Verantwortlichen durch die Aussagen des Landesfürsten nicht einschüchtern lassen.
Wie können die Politikerinnen und Politiker auf Landes- und Gemeindeebene der Jugend eine stärkere Stimme geben? Wie kann der Dialog mit den Jugendlichen verstärkt und besser gepflegt werden? Ist die Senkung des Wahlalters auf 16 ein Mosaikstein dazu?
Ich denke, diese Frage lässt sich mit zwei Stichworten beantworten: zuhören und ernstnehmen. Ich habe immer wieder erlebt, dass der offene Dialog mit unseren Politikerinnen und Politikern schwierig ist. Vielleicht deshalb, weil die Zahl der jungen Wählerinnen und Wähler nur einen verhältnismässig kleinen Anteil ausmacht. Es geht aber um unsere Zukunft, die wir gerne mitgestalten würden. Ich persönlich denke, dass die Senkung des Wahlalters einen «Ausgleich» zur demographischen Entwicklung ermöglichen könnte.