Viele Menschen haben aktuell Angst vor Ansteckung mit dem Coronavirus und Erkrankung bei sich selbst und den Familienmitgliedern bis hin zu Ängsten vor Sterben und Tod. Es ist auch die Ungewissheit, was noch kommt und wie lange es dauert. Häufig sorgen sich ältere Menschen auch darüber, ob sie ihre Medikamente weiter bekommen und was passiert, wenn medizinische Untersuchungen nicht stattfinden bzw. verschoben werden.
Zudem bestehen Sorgen um die Angehörigen, nicht nur um deren Gesundheit, sondern auch um deren Arbeitssituation und finanzielle Lage. Auch aktuell nicht helfen zu können, wie zum Beispiel bei der Kinderbetreuung, kann eine grosse Herausforderung darstellen.
Bei solchen Sorgen hilft der Liechtensteiner Seniorenbund mit Beratungen durch ausgebildetes Personal. Auch ist er dabei, der älteren Generation vor weiteren Öffnungen den Zugang zu gewohnten und vielfältigen Freizeitbeschäftigungen zu ermöglichen. Wir haben uns mit Jakob Gstöhl vom Liechtensteiner Seniorenbund über diese Thematik unterhalten.
Die Corona-Pandemie hat uns alle voll im Griff, vorwiegend die ältere Generation. Wie sind Sie mit dem Handling der Krise durch die verantwortlichen Stellen zufrieden?
Jakob Gstöhl: Die Mitglieder des Vorstandes haben sich zu dieser Frage schriftlich ausgetauscht und sind zum Schluss gekommen: Regierung und Amtsstellen leisten gute Arbeit zur Bewältigung der Corona-Pandemie. Wir sind zufrieden und danken den Verantwortlichen. Auch den Medien gebührt Dank, die Landeszeitungen, Radio L und FL 1 TV informieren umfassend, auch findet man Antworten auf Fragen im Zusammenhang mit Corona. Die «kritischen» Leserbriefschreiber bzw. die Corona-Skeptiker und -Leugner haben natürlich immer wieder zu teilweiser Verunsicherung beigetragen. Die Erklärungen und Stellungnahmen dazu von amtlicher Seite konnten die meisten der Verunsicherten jedoch schnell beruhigen.
Unserer Meinung nach wären Schnelltests zur weiteren Entspannung der Situation hilfreich, vielleicht lässt die Regierung dies prüfen. Ab 1. März sind die Schutzmassnahmen leicht gelockert, doch wünschen wir uns gegenseitig weiterhin Geduld und Ausdauer.
Haben Sie viele Fragen zum Thema Corona-Pandemie zu beantworten und Beratungen durchzuführen? Welches sind die häufigsten Fragen?
In den ersten Tagen des ersten Lockdowns im März 2020 gab es ein paar wenige Fragen zu diversen Hilfsangeboten wie zum Beispiel Einkaufsdiensten. Solche oder andere Fragen zur Corona-Pandemie nahmen schnell wieder ab, sobald die Kontaktdaten der zuständigen Stellen in den Medien publiziert wurden. Die Buchungsanfragen zum Fahrdienst von Senioren für Senioren nahmen ab. Viele im Voraus reservierte Fahrtermine wurden von den Senioren storniert. An die Informations- und Beratungsstelle Alter (IBA) wurden erst im dritten und vierten Quartal wieder vermehrt Fragen gestellt. Die meisten umfassten Vorsorgethemen, wie zum Beispiel Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung oder Testament.
Wie steht es Ihrer Meinung nach mit dem sozialen Austausch und den persönlichen Begegnungen?
Die Corona-Pandemie hat aus unserer Sicht nochmals verdeutlicht, dass viele Fragen, mit denen Senioren an uns gelangen, aus Begegnungen im persönlichen Umfeld entstehen. Sie kommen auf in Gesprächen zwischen Senioren und deren Bekannten oder Verwandten. Sei es bei einem Stammtisch, bei einem Café-Treff, bei einem kurzen Gespräch an der Bushaltestelle oder bei jemandem zu Hause. Man hört zum Beispiel von einem Krankheitsverlauf einer bekannten Person – und deren Gedankengänge zur Vorsorge, Patientenverfügung oder Testament führen zu eigenen Fragen. Doch nicht nur Schicksale, sondern auch positive Erlebnisse, wie bei Freizeitangeboten, gemeinsamen Ausflügen oder bei schönen Festen, können Ideen, Fragen und Anliegen aufkommen lassen. Werden soziale Begegnungen eingeschränkt, so verändern sich auch die Anliegen der älteren Menschen und die Themen, die sie beschäftigen. Sozialer Austausch und Teilhabemöglichkeiten, das sind Kernpunkte der Präventionsarbeit, haben in der Pandemie zwangsläufig reduziert werden müssen. Aus unserer Sicht können digitale Angebote diese zwei Kernpunkte nicht ausreichend kompensieren. Die Sensibilisierung über Broschüren, Zeitungsartikel, Informationsveranstaltungen etc. ist daher zu intensivieren.
Der Liechtensteiner Seniorenbund hat für die ältere Generation eine Vielzahl von Freizeitangeboten wie Ausflügen, Reisen, Tanzveranstaltungen, Freiwilligenarbeit, Singen, Kino usw. ausgearbeitet. Können diese Freizeitbeschäftigungen überhaupt wahrgenommen werden?
Während der «Winterruhe» waren diese Angebote selbstverständlich nicht möglich. Im Jahr 2020 konnten unsere geplanten Reisen nicht durchgeführt werden, und in der kurzen Zeit, in der Ausflüge mit dem Bus unter Einhaltung der Schutzmassnahmen möglich gewesen wären, gab es zu wenig Anmeldungen. Wir haben Verständnis für die Vorsicht der Seniorinnen und Senioren. Grundsätzlich geht es uns momentan darum, Impulse zu setzen für die Zeit nach Corona und in der Zwischenzeit darum, mit dem, was möglich und erlaubt ist, die «Pandemie-Starre» etwas zu lösen. Verhaltensregeln, wie die Hygiene- oder auch Abstandsbestimmungen haben auch nach der Pandemie einen schützenden Einfluss auf die Gesundheit. Wir sorgen uns aber etwas, dass gewisse Regeln, zum Beispiel die Verhaltensregel «soziale Kontakte reduzieren», unbewusst so stark verinnerlicht werden, dass es selbst am Ende der Pandemie eine Weile gehen wird, bis die Angewohnheiten geändert werden können. Es gibt durchaus Seniorinnen und Senioren, die bei uns ihre Ängste äussern, gerade in letzter Zeit auch die langandauernden Einschränkungen als sehr belastend empfinden und die sich sozial isoliert fühlen. Als Gesprächspartner bei solchen Sorgen werden oft auch Hausärzte aufgesucht. Die IBA steht für solche Anliegen ebenfalls stets offen und versucht, den Betroffenen im einfühlsamen Gespräch zu helfen.
In der Freiwilligenarbeit konnten wir vereinzelte Angebote organisieren, so zum Beispiel am 9. Oktober im Technopark Liechtenstein, als Freiwillige und Mitarbeiter der Telecom Liechtenstein den Seniorinnen und Senioren bei Fragen zu Smartphone, Tablet und Laptop geholfen haben. Die Freiwilligen erhielten für ihre Einsätze Zeitgutschriften vom Verein Zeitvorsorge Liechtenstein (Zeitpolster.li). Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut und Gespräche über eine weitere Kooperation im Bereich Computer/Smartphone-Hilfe finden derzeit statt.
Was ist in dieser Beziehung auf die nächsten Monate geplant?
Neben den Angeboten aus unseren Fachgruppen, wie zum Beispiel den Bewegungsangeboten von Fitness50+, gibt es einige Pläne, die abhängig von den Pandemie-Massnahmen, realisiert werden. Es sind Angebote in Kleingruppen, sei es beispielsweise das bewährte und beliebte Gedächtnistraining, ein Biografiearbeit-Kurs, ein unterhaltsames Geografie-Rätselspiel am PC oder ein Schallplatten- bzw. Lieblingsmusik-Nachmittag. Zu gegebener Zeit werden die möglichen Angebote und Veranstaltungen auf www.seniorenbund.li, in den Zeitungen und über unseren Mitgliederversand bekanntgegeben. Wer Unterstützung beim Gebrauch von digitalen Geräten braucht, kann sich ebenfalls an uns wenden. Diverse interessante Online Links, um «vernetzt» zu bleiben oder für Fitnessübungen für zu Hause, findet man ebenfalls auf unserer Internetseite oder sie können telefonisch erfragt werden.