Angemessenheit von Tagessätzen bei Geldstrafen

In der März-Session des Landtags vom 4. – 6. März 2020 hatte Regierungsrätin Katrin Eggenberger einige Kleine Anfragen zu beantworten. Auch eine des Abg. Manfred Kaufmann zum Thema der Angemessenheit von Tagessätzen.

Gemäss § 19 Abs. 2 StGB ist der Tagessatz bei Geldstrafen in Liechtenstein mit mindestens CHF 10 und höchstens mit CHF 1’000 festzusetzen. In der Schweiz beträgt der Tagessatz gemäss Art. 34 Schweizer Strafgesetzbuch in der Regel mindestens CHF 30 und höchstens CHF 3’000. Ausnahmsweise, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters dies gebieten, kann der Tagessatz in der Schweiz bis auf CHF 10 gesenkt werden. Da die Tagessätze in Liechtenstein ein Drittel unseres Nachbarlandes Schweiz betragen, ergeben sich für mich folgende Fragen:

  1. In welchem Jahr wurden die Liechtensteiner Tagessätze von mindestens CHF 10 bis höchstens CHF 1’000 eingeführt?

  2.  Wie hoch war der Durchschnittslohn oder der Medianlohn damals und wie hoch ist er heute?

  3. Welche Unterschiede gibt es bei der Bemessungsmethode bezüglich des einzelnen Tagessatzes in der strafgerichtlichen Praxis in Liechtenstein, in Österreich und in der Schweiz?
  1. Wie steht die Regierung zu den Tagessätzen von rund einem Drittel im Vergleich zur Schweiz?
  1. Sieht die Regierung Anpassungsbedarf für höhere Tagessätze in Liechtenstein?

Antwort:

Zu Frage 1:
Seit Inkrafttreten des Strafgesetzbuches am 1. Januar 1989 ist die Höhe der Tagessätze unverändert geblieben.

Zu Frage 2:
Lohnstatistiken werden in Liechtenstein seit 2006 durchgeführt. Davor gibt es keine Angaben zu Durchschnitts- oder Medianlöhnen in Liechtenstein. 2006 betrug der Medianlohn CHF 5‘885. Die aktuellsten Daten liegen für das Jahr 2016 vor. Der Medianlohn lag in diesem Jahr bei CHF 6‘603.

Zu Frage 3:
Sowohl in Österreich als auch in Liechtenstein hat das Gericht die Höhe des Tagessatzes nach den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der verurteilten Person zu bemessen. § 19 des liechtensteinischen Strafgesetzbuches entspricht bis auf die Höhe der Tagessätze wortgleich der Rezeptionsvorlage von § 19 des österreichischen Strafgesetzbuches.

In der Schweiz bestimmt das Gericht gemäss Art. 34 des Schweizer Strafgesetzbuches die Höhe des Tagessatzes nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters, namentlich nach Einkommen und Vermögen, Lebensaufwand, allfälligen Familien- und Unterstützungspflichten sowie nach dem Existenzminimum.

Zu den Fragen 4 und 5:
Im Hinblick darauf, dass in Österreich mit dem Budgetbegleitgesetz 2009 die Höhe des Tagessatzes mit bis zu EUR 5‘000 festgesetzt worden ist, wird die Regierung bei der nächsten StGB-Revision eine Anpassung des Tagessatzes von § 19 StGB prüfen. Allerdings ist zu beachten, dass in der Praxis in fast der Gesamtheit der Fälle aufgrund der persönlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Betroffenen mit den bestehenden Tagessätzen das Auslangen gefunden werden kann.