Das Mobilitätskonzept von Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch wird dem Landtag voraussichtlich im Mai vorliegen. Der Verkehrsminister berücksichtigt dabei alle Verkehrsträger und grenzüberschreitende Synergiepotenziale. Sein Vorarlberger Amtskollege Johannes Rauch sieht darin ebenfalls einen zentralen Ansatz.
«Die Rückmeldungen zur Mobilitätsbefragung im vergangenen Herbst waren durchwegs positiv», sagt Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch. «Obwohl die detaillierten Inhalte des in einem nächsten Schritt folgenden Mobilitätskonzepts zuerst in der Regierung behandelt werden müssen und dementsprechend noch nicht öffentlich bekannt sind, herrscht ein Grundkonsens, dass Handlungsbedarf besteht. Dass die Regierung diesen erkannt hat und mein Ministerium dabei ist, konkrete Massnahmen aufzugleisen, wird allgemein begrüsst.»
Angebot und Qualität müssen passen
Einige allgemeine Angaben zum Mobilitätskonzept macht Daniel Risch dennoch: «Es ist umfassend ausgestaltet. Das heisst, dass es alle Verkehrsträger vom motorisierten Individualverkehr über den öffentlichen Verkehr bis hin zum Langsamverkehr berücksichtigen wird. Denn nur durch einen guten Mix und eine Abstimmung aller Verkehrsträger können gute Resultate erzielt werden. Auch in Bezug auf neue Strassen darf es kein Denkverbot geben.» Letztlich habe die Umfrage zwei Hauptaussagen enthalten: Viele Liechtensteiner und Arbeitspendler sind einerseits bereit, auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen, sofern dieser attraktiv ausgestaltet ist. Auf der anderen Seite ist das Auto trotz allem das wichtigste Verkehrsmittel für die Einwohner und Grenzgänger. Gerade bei den Potenzialen eines attraktiven öffentlichen Verkehrs decken sich Rischs Ziele mit den Erfahrungen des Vorarlberger Landesrates Johannes Rauch, in der Regierung unter anderem zuständig für Öffentlichen Verkehr und Radwege. «Wenn Angebot, Tarife und Qualität passen, ist das tägliche Pendeln mit dem öffentlichen Verkehr sicher die entspannteste und günstigste Möglichkeit zu Ausbildung oder Arbeitsplatz zu kommen.»
Zusammenarbeit über die Grenzen
Sowohl Regierungschef-Stellvertreter Daniel Risch als auch Landesrat Rauch, dessen Bundesland 2019 ebenfalls ein umfassendes Mobilitätskonzept erarbeitet hat, sehen daher Chancen in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. «Die Kooperation und Abstimmung mit den Nachbarn ist für einen Kleinstaat, in dem ein grosser Teil des täglichen Verkehrs grenzüberschreitend ist, unerlässlich. Ich bin froh, dass diese Zusammenarbeit sich bereits institutionalisiert hat und wir in regem Austausch mit den Entscheidungsträgern in Bregenz und St. Gallen, Bern und Wien sind. Daran werden wir festhalten und auch im Rahmen des Mobilitätskonzepts weitere grenzüberschreitende Verbesserungsmöglichkeiten anstreben», sagt Daniel Risch.
Auch in Bezug auf neue Strassen darf es kein Denkverbot geben.
Daniel Risch, Regierungschef-Stellvertreter
Eine dieser Verbesserungsmöglichkeiten ist die geplante S-Bahn Feldkirch-Buchs mit Haltestellen in Schaanwald und Nendeln wie auch im Schaaner Industriegebiet und Zentrum. «Anhand der Erfahrungen in Vorarlberg bin ich überzeugt davon, dass wir mit Einführung der S-Bahn viele Pendlerinnen und Pendler zum Umstieg auf den öffentlichen Verkehr überzeugen können. Begleitend sind auch Optimierungen im Bussystem geplant, sodass mit schlanken Übergängen zwischen Bus und Bahn auch zu Orten abseits der Bahn attraktive Fahrzeiten erreicht werden können», sagt Landesrat Rauch. Inzwischen entspreche die heutige Eisenbahnstrecke jedoch schon lange nicht mehr den Erfordernissen eines modernen Regionalverkehrs, wie er in Vorarlberg und der Schweiz Standard sei.
S-Bahn als Teil der Lösung
Zum aktuellen Stand des angestrebten S-Bahn-Ausbaus hält Landesrat Rauch fest: «Zusammen mit den Partnern aus Liechtenstein und der Schweiz laufen intensive Gespräche, damit nach entsprechenden politischen Entscheiden rasch mit dem zweigleisigen Ausbau zwischen Nendeln und Tisis – bei gleichzeitiger Attraktivierung der Verkehrsstationen – gestartet werden könnte. Dies auch als Voraussetzung für grenzüberschreitend attraktive und stauunabhängige Angebote für die Pendlerinnen und Pendler.» Dementsprechend erwarte sich die Vorarlberger Landesregierung nach der Umsetzung der S-Bahn auch einen deutlichen Anstieg in der Nachfrage. «Die Verhandlungen mit Österreich bezüglich der Finanzierung des Bahnausbaus stehen kurz vor dem Abschluss», sagt der Liechtensteiner Verkehrsminister. «Wenn auch nur ein Teil derjenigen, die sich in der Umfrage zu einem Umstieg auf den ÖV bereiterklärt haben, tatsächlich umsteigt, kann dies die Strassen bereits wesentlich entlasten, wovon wiederum Autofahrer und Fahrgäste der LIEmobil profitieren.»
In langen Zeiträumen denken
Regierungschef-Stellvertreter Risch betont ausserdem, dass es mit dem Bau von neuen Schienen alleine nicht getan ist. «Wenn der Kredit einmal bewilligt und das Projekt beschlossen ist, wird es im Detail ausgearbeitet. Dabei geht es natürlich auch darum, flankierende Massnahmen für die neuralgischen Kreuzungspunkte, also das Schaaner Zentrum mit seinen beiden Bahnübergängen und den Übergang westlich der Engelkreuzung in Nendeln, anzugehen.» Wie diese Massnahmen im Detail aussehen können, wird im Mobilitätkonzept weiter ausgeführt werden. Das Mögliche und Machbare solle auch realisiert werden. «Andererseits wird eine funktionierende und akzeptierte S-Bahn die genannten Kreuzungspunkte auch wieder vom motorisierten Verkehr entlasten.»
Eine Fortsetzung der S-Bahn durch das Oberland, wie sie schon verschiedentlich angedacht und diskutiert worden ist, betrachtet Verkehrsminister Risch als «langfristig prüfenswerte Option und der Ausbau könnte ein Gewinn für ganz Liechtenstein sein. Allerdings muss bedacht werden, dass im Gegensatz zum S-Bahn-Projekt im Oberland bislang keine Schieneninfrastruktur vorhanden ist und keine entsprechenden Trassen reserviert sind.» Lange Vorlaufzeiten seien daher in diesem Fall und auch ganz allgemein nötig, um das Verkehrsproblem dauerhaft zu entschärfen, hält Daniel Risch fest. «Ich habe dies bereits mehrfach betont: Bei umfassenden verkehrspolitischen Massnahmen müssen wir in Jahrzehnten und Szenarien denken. Das Landstrassennetz ist seit den 60er-Jahren, abgesehen von der Schaaner Industriestrasse, nicht erweitert worden und auch sämtliche Rheinübergänge sind bereits mehr als 40 Jahre alt. Damals wurde weitsichtig geplant und gebaut. Aufgrund der seit damals eingetretenen Bevölkerungs- und Arbeitsplatzentwicklung stossen wir heute aber bekanntlich zu Spitzenzeiten punktuell an die Kapazitätsgrenzen.»
Potenzial im Radverkehr nutzen
Landesrat Johannes Rauch betont ausserdem, dass im Radverkehr grosses Potenzial brachliege. «Diesbezüglich haben wir bei der grenzüberschreitenden Infrastruktur noch einiges vor, so arbeiten wir intensiv an einem Lückenschluss zwischen dem Siedlungsgebiet Nofels und dem Zollamt Ruggell.» Ganz allgemein investiere Vorarlberg stark in den Ausbau der Radinfrastruktur und den Bau von Radschnellverbindungen. «Wenn wir wollen, dass mehr Menschen Rad fahren, müssen wir gute Radinfrastruktur schaffen. Schnelle, sichere und direkte Radverbindungen mit genügend Platz auch für entgegenkommenden Radverkehr. Wer Radwege baut, erntet Radfahrer und Radfahrerinnen.»
Auch für Verkehrsminister Risch ist der Langsamverkehr Teil der Lösung des Verkehrsproblems. «Gerade für kurze Wege innerhalb des Landes und geringe Distanzen zwischen Wohnort und Arbeitsplatz – sowohl im grenzüberschreitenden als auch im Binnenverkehr – streben wir Optimierungen der Infrastruktur an. Denn, wie gesagt, müssen wir künftig auf einen Mix aus allen Verkehrsträgern und Verbesserungen für alle Verkehrsträger setzen: für den ÖV, auf Schiene, Strasse und eigener Busspur, für den Langsamenverkehr mit direkten und sicheren Verbindungen und für den Individualverkehr auf der Strasse, weshalb wir uns auch der Diskussion über Entlastungsstrassen nicht verschliessen sollten.»
Handlungsaufträge erwünscht
Zum weiteren Fahrplan führt Regierungschef-Stellvertreter Risch aus: «Wenn alles nach Plan läuft, und davon gehe ich aus, kann sich die Regierung im April mit dem Mobilitätskonzept befassen. Anschliessend werde ich auch die Öffentlichkeit umfassend über die Inhalte des Konzepts informieren können.» Der Landtag werde sich daraufhin voraussichtlich im Mai mit dem Mobilitätskonzept auseinandersetzen können. Der Minister erhofft sich aus der Debatte konkrete Handlungsaufträge an die Regierung.