Der Höhepunkt findet zwar erst in zwei Wochen statt, die Fasnächtler geniessen die für sie schönste Zeit des Jahres aber bereits seit dem zweiten Januarwochenende, an dem mit dem «Schaabumm» der Guggamusik Plunderhüüsler der Startschuss für die fünfte Jahreszeit in Liechtenstein erfolgt ist.
Die Fasnacht hat sich in der Schweiz im Lauf des Spätmittelalters entwickelt und war nach der Reformation vor allem in den katholischen Gegenden stark verbreitet. Der Obrigkeit war das Treiben zwar oft ein Dorn im Auge, so auch im Gebiet des heutigen Liechtensteins. Dennoch setzten sich die Einwohner durch, die vor der 40-tägigen Fastenzeit vor Ostern nochmals ausgelassen feiern und sich den kulinarischen Genüssen hingeben wollten. Als Orte der Geselligkeit dienten neben den Wirtshäusern vor allem Unterhaltungsveranstaltungen der Dorfvereine und auch Bräuche wie das «Ruassla» oder das Stehlen der Suppenhäfen erfreuten sich grosser Beliebtheit.
Der FC Schaan als Pionier
Die organisierte Liechtensteiner Fasnacht nahm mit der Durchführung des Schaaner Fasnachtsumzugs 1952 ihren Anfang. Organisator war der Fussballclub, der sich daraus einen Zuschuss in die Vereinskasse erhofftee. Die Brauerei Haldengut und das Café Risch stellten für den Umzug je ein Fahrzeug zur Verfügung. Diese wurden von Friedrich Kaufmann und Güst Hilti bemalt und dekoriert. In Schaan säumten zunächst noch wenige Schaulustige die Strassen und dementsprechend wenig gab es für die mit Blechbüchsen Spenden sammelnden Vorstandsmitglieder zu verdienen. Daher beschlossen die Umzugsteilnehmer einen Abstecher nach Vaduz. Dort stiess die Absicht, ebenfalls ein paar Franken zu kassieren, auf wenig Gegenliebe und der Wirt des Restaurants Adler erklärte den Schaanern, dass sie sich gefälligst wieder dorthin zurückziehen sollten, wo sie hingehörten. Der Rat war zwar möglicherweise nicht gut gemeint. Gut war er dennoch. Zurück in Schaan fanden die Fussballer trotz der kalten Witterung eine staatliche Anzahl Zuschauer vor, die ihren Obolus entrichteten und den Umzug zum Flugplatz, gleichzeitig dem damaligen Schaaner Fussballplatz, begleiteten. Dort fand ein Fussballspiel statt, das für weitere Einnahmen sorgte.
Höhepunkte landauf, landab
Der FC Schaan organisiert die Fasnacht zwar schon lange nicht mehr, aus Liechtenstein wegzudenken ist sie aber genauso wenig und Schaan hatte von damals an seinen Ruf als regionale Fasnachtshochburg sicher. In den kommenden Wochen findet eine Vielzahl von Veranstaltungen statt (siehe auszugsweise in der Infobox) und in zwei Wochen hat das närrische Treiben Liechtenstein wieder für sechs Tage fest im Griff. Neben Schaan haben sich dabei vor allem Vaduz, Mauren und Triesenberg zu weiteren Hotspots entwickelt.
Die Fasnachtszeitungen decken auf
Für einen kleinen, aber beliebten Teil der Schaaner Fasnacht ist immer noch der Fussballclub zuständig: den Wingertesel. Der Brauch, Fasnachtszeitungen herauszugeben, hat sich aber bereits Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt und er lebt aktuell in vier Gemeinden – neben Schaan sind dies Mauren, Triesen und Triesenberg.
Die erste Liechtensteiner Fasnachtszeitung wurde 1920 in Schaan unter dem Namen «Essiggurke» publiziert. Vaduz und Triesen folgten kurz darauf. Den ersten Heften war zwar kein allzu langes Leben beschert und institutionalisierst hat sich der Brauch erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts. Das Prinzip war aber bereits in den 20er-Jahren geboren und wird von den Maurer «Räbagsechter» auf ihrer Webseite auf den Punkt gebracht: «Kaum einer, der sich im verflossenen Jahr etwas zuschulden hat kommen lassen, sei es nun wissentlich oder unwissentlich, kommt ungeschoren davon. Freilich bleibt die Fasnachtszeitung für alle jene undurchsichtig, die mit dem Dorfgeschehen nicht so gut vertraut sind. Eine gute Fasnachtszeitung zu machen, ist eine schwierige Aufgabe, die nicht immer gelingt. Glücklicherweise behält der Humor bei den Redaktoren meist die Oberhand, nur selten werden sie rachsüchtig, wo es doch ihre Pflicht wäre, schalkhaft zu bleiben.»
«Wingertesel» mit unvergleichlichem Gesicht
Der Schaaner «Wingertesel» kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Als der FC Schaan 1953 die Herausgabe der Fasnachtszeitung übernommen hat, wechselte sie noch beinahe jedes Jahr ihren Namen. Diese reichten von «Dröschi» über «Kolderi» bis hin zu «Rummati». 1975 erhielt sie nach einem Brainstorming den heutigen Namen «Wingertesel» und seit 1988 ziert der lachende Esel selbst die Titelseite. Den Untertitel «Depplomatisch-bollitisches Organ für Schotzli und Tohri» und damit sozusagen ihr heute noch gültiges Programm hatte die Publikation bereits 1973 erhalten.
«Die Fasnachtszeitung spült jedes Jahr einige Tausend Franken in die Juniorenkasse des FC. Damit ist sie ein wichtiges Standbein in unserer Jahresrechnung», sagt Hanno J. Konrad, im vierköpfigen Präsidium des FC Schaan zuständig für Veranstaltungen und Projekte. Bevor der Gewinn in die Juniorenkasse des FC wandert, zieht das Redaktionsteam aber noch 1111,11 Franken ab und spendet sie jedes Jahr zum Fasnachtsbeginn am 11.11. an eine gemeinnützige Organisation in Liechtenstein. «Letztes Jahr ging die Spende an den Verein für Männerfragen, medienwirksam überreicht von den Damen der Esel-Redaktion.»
Generell ist die Redaktion ein eingespieltes Team und die acht Mitglieder bekommen
viele Geschichten aus dem Dorf sowie anderen Gemeinden direkt zugespielt. Weitere werden eingeschickt. «Ein herausragendes Merkmal des «Wingertesel» sind natürlich auch die hervorragenden Karikaturen von Erich Bieri, der dem «Esel» seit 35 Jahren sein unvergleichliches Gesicht verleiht.»
Der «Räbahobel» für das ganze Unterland
Für den guten Zweck gespendet wird auch beim seit 1980 erscheinenden Maurer «Räbahobel», der seit vielen Jahren einzigen Unterländer Fasnachtszeitung. Dort sind es in aller Regel sogar 2000 Franken, über die sich gemeinnützige Vereine oder Institutionen freuen dürfen. «Wir sind eine unabhängige Gruppe von neun Personen plus zwei Rechnungsrevisoren, die den «Räbahobel» herausgibt», sagt Agnes Thöny. «Es ist ein eingespieltes Team und alle sind schon lange dabei. Wir freuen uns aber auch jederzeit auf und über neue Mitglieder. Da wir das ganze Unterland abdecken, sind wir ausserdem immer froh über Zusendungen von Geschichten. Gegen aussen bleibt der Einsender dabei anonym, wichtig ist aber, dass wir wissen, wer dahintersteckt.»
Eine Besonderheit des «Räbahobel» ist, dass er durchgehend farbig gedruckt ist. Die andere Besonderheit ist der jährliche «Hobelobet», der an dieser Fasnacht zum zehnten Mal stattfindet. «Für diesen Anlass lassen wir uns immer ein Programm einfallen – etwas Lustiges wie Büttenreden und musikalische Einlagen. Natürlich werden auch Geschichten aus der aktuellen Ausgabe vorgelesen und im Anschluss gibt es diese zum Kaufen», sagt Agnes Thöny. Der diesjährige «Hobelobet» findet übrigens am kommenden Mittwoch, 12. Februar, um 19 Uhr im Restaurant Freihof in Mauren statt.
«Moschtbölli» – zurück zu den Wurzeln
In Triesen ist es ebenfalls eine unabhängige Gruppe, die den «Moschtbölli» herausgibt. «Wir sind zu fünft inklusive Grafik und Karikaturist, bekommen aber auch viele Geschichten zugeschickt», sagt Max Burgmeier, der die Treffen der Redaktion koordiniert. «Mit so wenigen Personen ist es natürlich schon aufwendig. Aber wir sind eine tolle Truppe und die Zusammenarbeit macht grossen Spass. Vor allem war es uns aber auch wichtig, die Tradition am Leben zu erhalten.»
Zuständig für die Fasnachtszeitung ist die Gruppe seit drei Jahren. «Damals haben wir die «Moschtpresse» in «Moschtbölli» umbenannt. Diesen Namen trug die Triesner Fasnachtszeitung bereits bei ihrer Gründung 1987 und als Besonderheit kommt hinzu, dass das Ö im Titel auch immer in der Form des «Moschtböllis des Jahres» gestaltet ist», sagt Max Burgmeier. «Derjenige kommt manchmal natürlich auch mit eigenen Geschichten im Heft selbst vor. Das muss aber nicht zwangsläufig sein. Auf jeden Fall fühlt er sich für gewöhnlich schon ein bisschen geehrt.» Auch die Triesner haben in der Vergangenheit bereits einen Teil der Einnahmen aus dem Verkauf gespendet. «Wir müssen aber immer ein wenig schauen, dass wir kostendeckend arbeiten können und entscheiden jeweils ad hoc, ob noch eine Spende drin liegt.»
«Wildmandli» – Fokus auf das Dorfgeschehen
Eine lange Tradition hat auch die Triesenberger Fasnachtszeitung «Wildmandli», herausgegeben früher von der Narrenzunft und seit rund 30 Jahren vom Fussballclub. «Im Kernteam sind wir vier Personen, alles Mitglieder des FC Triesenberg.», sagt Michael Mella, im Vorstand des Fussballclubs unter anderem zuständig für den Spielbetrieb und die Fasnachtszeitung. «Der «Wildmandli» ist nicht so politisch ausgerichtet wie andere Fasnachtszeitungen. Wir setzen vor allem auf Missgeschicke von Triesenbergern sowie Anekdoten aus dem Vereins- und Gemeindeleben. Daneben veröffentlichen wir aber auch Geschichten aus den umliegenden Gemeinden. Meist sind ein paar Anekdoten aus Balzers mit dabei. Das liegt wahrscheinlich daran, dass wir einen guten Draht dorthin haben und die Balzner keine eigene Fasnachtszeitung herausgeben.»
In Triesenberg kommen die Einnahmen dem Fussballclub zugute. «Noch bis vor drei Jahren war es Goodwill für das Dorfleben, dass der FC die Zeitung produziert hat. Es schaute am Ende praktisch nur noch eine schwarze Null heraus. Dies war auch der Grund, weshalb wir vor zwei Jahren den Preis erhöht haben. Seit der FC Triesenberg die Zeitung macht, war dieser gleichgeblieben. Nun rentiert sich der Aufwand wenigstens ein bisschen für die Vereinskasse. Die daraus erzielten Einnahmen werden weitestgehend zur Juniorenförderung eingesetzt.»
Eine Pause für den «Residenzler»
Auf ihre Fasnachtszeitung, den «Residenzler», verzichten müssen in diesem Jahr die Vaduzer Narren. Die Fasnacht-Gesellschaft als langjährige Herausgeberin hat sich aus mehreren Gründen gegen eine 2020er-Ausgabe entschieden, wie Präsidentin Larissa Klein sagt. «Ein wichtiger Grund ist die Doppelfunktion. Unsere Hauptaufgabe ist natürlich die Organisation der Vaduzer Fasnacht mit Umzug, Kindermaskenball und Monsterkonzert. Damit fällt die Produktion und Verteilung des «Residenzlers» genau in die Zeit, in der wir ohnehin am meisten zu tun haben. Und wir haben leider nicht mehr so viele Mitglieder und externe Helfer wie früher.»
Die Fasnacht-Gesellschaft wünscht sich aber, dass der «Residenzler» fortbesteht und bald wieder herauskommt. «Wir hoffen sehr, einen neuen Träger zu finden, wie dies in anderen Gemeinden der Fall ist. Gerne stellen wir im ersten Jahr unser Wissen und unsere Erfahrung zur Verfügung. Denn auch uns ist es wichtig, dass die Tradition weiterlebt», sagt Larissa Klein. Bis es soweit ist, sind die Vaduzer Fasnächtler aber herzlich eingeladen, sich an den Geschichten aus dem «Wingertesel», dem «Räbahobel», dem «Moschtbölli» und dem «Wildmandli» zu erfreuen.
Fasnachtskalender Liechtenstein
15. Februar 2020
Kindermaskenball, 13.30 Uhr, Vaduzer Saal
53. Umzug, Vaduz, 14.00 Uhr
Mönsterle, 16.30 – 18.30 Uhr, Rathausplatz
22. Februar 2020
Kindermaskenball, 13.30 Uhr, SAL
Monsterkonzert, 19.00 Uhr, Lindaplatz
23. Februar 2020
Internationaler Fastnachtsumzug, Schaan, 14.00 Uhr, Dorfzentrum
24. Februar 2020
Umzug, Mauren, 14.14 Uhr, Dorfzentrum
25. Februar 2020
Umzug, Triesenberg, 13.00 Uhr, Rotaboda-Dorfzentrum