Es ist eine anspruchsvolle aber ehrenwerte Aufgabe der Gesellschaft, der älteren Generation einen würdigen Lebensabend zu ermöglichen. Weil Kräfte schwinden oder Krankheiten einschränken, ist ein Teil der alten und hochaltrigen Menschen auf Pflege und Betreuung angewiesen. Ein wesentlicher Anteil dieser Unterstützungs-leistungen wird durch die eigene Familie erbracht. Allerdings führen gesellschaftli-che Veränderungen dazu, dass diese Ressourcen weniger werden. Gleichzeitig steigt der Bedarf in den nächsten Jahrzehnten stark an, weil die grossen Babyboomer-Jahrgänge bald die Altersgeneration bilden werden.
Wer übernimmt in den nächsten 30 Jahren die Pflege und Btreuung der alten Menschen? In dieser Publikation beleuchtet Zukunft.li die heutige Fachkräftesituation und das Freiwilligenengagement in den drei grössten liechtensteinischen Institutionen für Pflege und Betreuung alter Menschen. Zudem zeigt der Fokus die Grössenordnung des zukünftigen Fachkräftebedarfs auf und beschreibt Beispiele von Freiwilligenorganisationen in Österreich, der Schweiz und Deutschland.
Positive Ausgangslage – Herausforderung durch die Altersstruktur
Die Pflege- und Betreuungsbranche profitiert heute von attraktiven Bedingungen für Fachkräfte im regionalen Arbeitsmarkt. Dies wird auch durch eine hohe Arbeitszufriedenheit der Angestellten bestätigt. Die Altersstruktur der Angestellten birgt hingegen Herausforderungen. 43% der Belegschaft sind über 50 Jahre alt, in der liechtensteinischen Gesamtwirtschaft beläuft sich der Anteil auf vergleichsweise tiefe 31%. In den kommenden 15 Jahren müssen die Institutionen also über 40% der Belegschaft ersetzen, alleine um den Bestand zu halten. Eine sehr hohe Frauenquote und ein hoher Anteil an Teilzeitbeschäftigten sind weitere Merkmale der Alterspflege- und -betreuungsbranche.
Szenario Fachkräftebedarf
Der Anteil der über 80-Jährigen dürfte 2050 knapp 12% der Bevölkerung ausmachen. Damit nimmt auch der Bedarf an Fachkräften für die Alterspflege und –betreuung stark zu. Auf Basis der liechtensteinischen Bevölkerungsszenarien und unter der Annahme unveränderter Pflege- und Betreuungsquoten werden im stationären und ambulanten Bereich sowie in der 24-Stunden-Betreuung bis 2050 im Durchschnitt pro Jahr 3.5% zusätzliche Vollzeitstellen benötigt. Insgesamt beträgt der Zuwachs deutlich über 200% und in absoluten Zahlen entspricht dies rund 700 zusätzlichen Stellen bis 2050. Unsere Nachbarstaaten befinden sich in der gleichen Situation und haben entsprechende Programme lanciert, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Der Wettbewerb auf dem regionalen Arbeitsmarkt in der Pflegebranche dürfte sich entsprechend verschärfen. Deshalb gilt es erstens für Liechtenstein, den Vorsprung auf dem Arbeitsmarkt zu halten und die Attraktivität des Berufs durch gute Arbeitsbedingungen zu bewahren. Zweitens sind die inländischen Arbeitgeber gefordert, möglichst viele Ausbildungsplätze anzubieten und drittens sind Anstrengungen notwendig, um heute nicht erwerbstätige Fachpersonen für eine Rückkehr in den Beruf zu bewegen.
Freiwilligenengagement als Chance
Rund 300 Personen leisten heute Freiwilligenarbeit bei der Liechtensteinischen Alters- und Krankenhilfe (LAK), der Familienhilfe Liechtenstein und der Lebenshilfe Balzers. Dieser wertvolle Einsatz erhöht die Lebensqualität der Heimbewohnerinnen und –bewohner, wird jedoch die Herausforderungen eines steigenden Fachkräftebedarfs nicht beheben. Bei der Unterstützung von hilfsbedürftigen Menschen haben sich auch im deutschsprachigen Raum Systeme etabliert, bei denen Freiwillige für ihre Leistung «Zeitgutschriften» erhalten, die sie zu einem späteren Zeitpunkt für den eigenen Konsum von Betreuungsleistungen einlösen können. Das Grundkonzept der Zeitvorsorge liegt darin, Hilfe und Entlastung anzubieten und so dazu beizutragen, dass ältere Menschen sozial integriert bleiben und länger in ihrem Zuhause leben können. Die Publikation zeigt anhand von drei Praxisbeispielen aus Österreich, der Schweiz und Deutschland, wie solche Ansätze umgesetzt werden. Nach Ansicht von Zukunft.li sind solche aus der Zivilgesellschaft entstehenden und von ihr getragenen Organisationen dem Auf- und Ausbau staatlicher Strukturen in jedem Fall vorzuziehen und könnten auch in und für Liechtenstein einen wertvollen gesellschaftlichen Beitrag leisten.