Alles, was er macht, macht er mit Leidenschaft und Hingabe. Mit «Passion», wie er selbst sagt. In der minimal-invasiven Chirurgie brachte es Dr. Christian Schenk damit zu weltweitem Renommee. Zum anstehenden 30-Jahr-Jubiläum seines Sanatoriums im vorarlbergerischen Schruns traf sich die «lie:zeit» mit dem Vollblutchirurgen zum passionierten Gespräch.
Nachträglich alles Gute zum 65. Geburtstag, Herr Dr. Schenk. Freuen Sie sich auf den Ruhestand?
Dr. Schenk (lacht): Davon kann keine Rede sein. Ich erfreue mich guter Kraft und Gesundheit, und ich gehe voll motiviert in unsere 30. Wintersaison. Noch immer ist es das Schönste für mich, wenn ich Menschen mit unserer Dienstleistung neue Lebensqualität schenken kann. Aber es ist schon so, dass sich meine Generation jetzt mehr und mehr zurückzieht. Und dass nicht immer freiwillig. Da gehen uns teilweise Topärzte mit viel Wissen und Erfahrung verloren. Es ist doch eine Schande, wenn beispielsweise ein plastischer Topchirurg, der in der Klinik die schwierigsten Rekonstruktionen verantwortet hat, wegen seines Alters dort nicht mehr arbeiten kann und dann – ohne die erforderliche Infrastruktur – in seiner Praxis nur mehr Liftings macht. Meine auch strukturelle Selbstständigkeit ermöglicht es mir, selbstbestimmt den Zeitpunkt meines Rückzugs zu gestalten, das ist schon sehr wertvoll.
Selbstbestimmung ist Ihnen wichtig …
Ja, das war es immer. Selbstbestimmt arbeiten zu können, war auch der Grund, mich 1989 mit einem eigenen Sanatorium selbstständig zu machen. Ich wollte meine Ideen und Vorstellungen umsetzen und das kompromisslos. Das kann man nur auf eigene Verantwortung machen.
Würden Sie es wieder gleich machen?
Keine Frage. Nur so konnte ich mich und unser Niveau entwickeln. Innerhalb des Systems herrscht doch immer mehr eine Absicherungsmedizin, geprägt von isolierter Spezialisierung, Haftungsangst und Bürokratie sowie von ökonomischem Druck der medizinischen Industrie. Pharma-, Implantat- und Prothesenindustrie wollen verkaufen, da geht´s um Stückzahlen. Und die Versicherungen geben Tarife vor, was welche Operation kosten darf und was angebracht ist. Das regt mich auf, da werde ich auch mit 65 Jahren noch emotional. Es geht um den jeweiligen Menschen in seiner ganz spezifischen, individuellen Lebenssituation, und da bin ich ein Verfechter von Nachhaltigkeit sprich Reparatur möglichst nah am Original.
Also keine Prothesenchirurgie im Sanatorium Schenk?
Unter meiner Leitung nicht, nein. Auch wenn damit natürlich Geld zu verdienen wäre. Gelenksprothesen werden meines Erachtens viel zu oft und viel zu früh eingesetzt. Produkt- und Gewinnorientierung beeinflussen da sogar Diagnosen und Behandlungspläne; da werden Patienten oftmals zu Unrecht stigmatisiert. Ausserdem sprechen offizielle Studien mit 5 % von einer sehr hohen Infektionsrate. Abstossung und Abnutzung sind weitere Risiken. Nein, unser Job hier ist die wiederherstellende, minimal-invasive Chirurgie des Bewegungsapparates nach einem Unfall oder im Kontext einer degenerativen Erkrankung. Und wir tun alles dafür, dass wir diesen Job exzellent erledigen.
Dabei setzen Sie und Ihr Team auf Hightech und überlassen nichts dem Zufall.
Ja, als Hubschrauberpilot bin ich von der Luftfahrt geprägt. Wir setzen auf modernstes technisches Equipment, präzise Vorbereitung und Risikobeurteilung sowie klare Handlungsabläufe und ein bewusstes Crew Resource Management. Dabei geht es um Kooperation, situative Aufmerksamkeit, Führungsverhalten und Entscheidungsfindung sowie die zugehörige Kommunikation. Die Medizin ist im Vergleich zur Luftfahrt erst in ihren Anfängen, was z. B. die Schulung des Verhaltens im Ernstfall in Simulatoren angeht. Als Sanatorium mit eigener Hubschrauberflotte haben wir unseren eigenen Zugang. Jedem, der das Sicherheitsrisiko minimieren will, kann ich das Buch «Black Box Thinking» von Matthew Syed empfehlen. Darin zeigt er auf, dass die Luftfahrt nur durch die gründliche Analyse eines jeden Fehlers und Verdachtsmoments ihr heutiges Sicherheitsniveau erreichen konnte. Die Blackbox, in vielen Fällen der einzig «überlebende» Zeuge eines Absturzes, spielt dabei eine wichtige Rolle.
Sport und Medizin wurden Ihnen in die Wiege gelegt. Ihr Vater war Internist, Ihre Mutter eine Weltklassesportlerin, u. a. Olympiateilnehmerin im Hochsprung. Welche Prägung hat sich durchgesetzt?
Der Sport, genauer gesagt Tennis, war meine erste grosse Liebe. Ich war international auf Tour und gar nicht mal so schlecht. Paris zu gewinnen, war mein grosser Traum, dafür hätte ich alles gegeben. Mit 21 Jahren habe ich aber meine Limits erkannt und mich für die Medizin entschieden. Sie war meine zweite grosse Leidenschaft, und hier sah ich keine Grenzen, sondern vor allem Möglichkeiten. Irgendwie konnte ich dann in meiner Arbeit beides verbinden.
Kein Wunder also, dass Ihnen so grosse Namen wie Janica Kostelic, Anita Wachter, Patrick Ortlieb, Marc Girardelli, Sonja Nef, Martina Hingis oder auch Tina Weirather ihr Vertrauen geschenkt haben?
Wir sind aus dem gleichen Holz geschnitzt. Olympiasieger und Weltmeister wirst du nur, wenn du dein Ziel mit totaler Hingabe verfolgst, fokussiert bist, alles dafür tust. Diese Haltung verbindet uns. Damit wurde vieles möglich, und da schliesst sich irgendwie auch ein Kreis: Eine Verletzung war es, die meiner Mutter den grossen Traum von einer Olympia-
medaille platzen liess. Mit einem Aussenbandriss wurde sie «nur» Sechste. Ihre Haltung – denn meine Mutter hat mich diesbezüglich mehr geprägt als mein Vater, den ich schon sehr früh verloren habe – lebt in unserer Arbeit weiter und hat viele Olympia- und Weltmeistermedaillen ermöglicht. Dafür bin ich dankbar.
Wenn es Winter wird im Sanatorium
Spätestens, wenn Anfang Dezember dann doch der erste Schnee fällt, geht er wieder los, der ganz normale Wintersportwahnsinn im Sanatorium Dr. Schenk. Bis zu 80 Patienten – ein Drittel davon frisch verletzt – werden täglich aufgenommen und betreut, bis zu 15, 16 Stunden wird das OP-Team wieder täglich operieren. Eine Herkulesaufgabe für das ganze Haus.
«Auch wenn wir das ganze Jahr über gut ausgelastet sind, der Winter ist doch immer eine besondere Herausforderung für uns alle», so Dr. Christian Schenk, der während der Skisaison wieder viele Nächte «durchoperieren» wird. Gerade auch über die Feiertage. An Spitzentagen sind es im Winter über 80 Patienten, davon bis zu 30 Frischverletzte, die vom Ambulanzteam betreut werden. Zerfetzte Bänder im Knie, zertrümmerte Schienbeinköpfe, Frakturen und Luxationen an Schulter, Hand und Beinen sind dabei nach wie vor die häufigsten Verletzungen. Und die müssen schnellstmöglich behandelt werden, was auch eine organisatorische Meisterleistung erfordert. «Die perfekte, zeitlich optimierte Rettungskette vom Berg bis zu uns ins Sanatorium ist neben der ärztlichen Behandlung unser tägliches Ziel», proklamiert Dr. Georg Hoblik, seines Zeichens General Manager des Hauses. Neben einer Top-Infrastruktur und entsprechenden Ressourcen erfordert das auch eine organisatorisch ausgereifte Team-Performance. Im Sanatorium Dr. Schenk wird diese von 80 hochqualifizierten Personen geleistet: Von bestens geschulten Flugrettern und erfahrenen Piloten, spezialisierten Ambulanzärzten und umsichtigen OP-Schwestern, von kompetenten Therapeuten und Krankenpflegern bis hin zu einem effizienten, aber immer zugewandten und freundlichen Verwaltungsteam, das im Winter im Fünf-Schicht-Betrieb arbeitet. Dr. Christian Schenk: «Auch diese Saison werden wir wieder an unsere Grenzen gehen müssen und auch an unsere Grenzen kommen. Die Bereitschaft jedes Einzelnen, sich darauf einzulassen, ist das, was uns verbindet und uns stark macht. Wir sind bereit, der Winter kann kommen.»
Privat versichern! Damit nicht noch mehr passiert, wenn was passiert …
Wenn ein Unfall passiert, dann ist das medizinische Problem das erste und unmittelbare Problem. Aber nicht das einzige. Rechtliches, Familiäres und Organisatorisches gilt es abzuklären und das unter der Belastung einer dringlichen Extremsituation. Die Gefahr, dass da Fehler gemacht werden, noch mehr oder auch Folgeschäden passieren, ist gross und sie kann nur mit schneller, professioneller Hilfe minimiert werden. Keine Frage sollte in dieser Situation der Versicherungsschutz sein. Für das Schenk-Team ist klar: «Wer in seiner Freizeit private Unternehmungen mit Gefahrenpotenzial leben will – Skifahren und Snowboarden gehören da aus unserer Erfahrung mit Sicherheit dazu – der sollte sich auch privat versichern. Nicht entsprechend versichert zu sein, wird im Unglücksfall wirklich teuer.» In den schweizerischen und liechtensteinischen Skiregionen arbeitet das Sanatorium Dr. Schenk eng mit der Schweizerischen Rettungsflugwacht Rega zusammen. Die Schenkair hat aber auch selbst schon Unfallopfer, z. B. aus Malbun nach Schruns, ausgeflogen. Für weitere Informationen steht das Sanatorium Dr. Schenk gerne zur Verfügung, Kontaktdaten unter www.dr-schenk.at, die Notrufnummer für den Ernstfall ist 0043 664 2235555.