Gestern Freitag konnte das Referendumskomitee «Tour de Ski vor’s Volk!» über 1’700 Unterschriften bei der Regierungskanzlei abgeben. Damit ist das Referendum gegen den Finanzbeschluss des Landtags über CHF 800’000.– für die Durchführung von zwei Langlauf-Weltcup-Rennen in Vaduz zustande gekommen. Die Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner werden bereits im November über diesen Finanzbeschluss abstimmen und damit indirekt auch ihre Meinung zu solchen internationalen Grossanlässen in Liechtenstein kundtun können. Text: Pio Schurti
1’700 Personen, das mag man für keine überwältigend grosse Anzahl Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner halten, die wünschen, über die Verwendung von CHF 800’000.– abstimmen zu können. Berücksichtigt man aber auch die besonderen Umstände, unter welchen die Unterschriften gesammelt wurden, macht die Zahl 1’700 doch Eindruck.
Einerseits hiess es bereits, als bekannt wurde, dass die du-Gemeinderäte Ivo Kaufmann, Peter Laukas und Jack Quaderer das Referendum ergreifen würden, damit sei die Sache gelaufen. Wenn der LSV die Finanzierung noch nicht im Trockenen habe, dann könne und brauche er die Durchführung einer Etappe der «Tour de Ski» in Vaduz gar nicht erst zu planen. Wer dies so sah, hielt es verständlicherweise nicht für notwendig, den Unterschriftenbogen fürs Referendum zu unterschreiben.
Andererseits war einigen Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern einfach nicht wohl beim Gedanken, dass «schon wieder» ein Projekt abgelehnt und das Referendum ergriffen werde. Es trifft zu, dass die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger in den letzten Jahren sowohl auf Landes- wie auch auf Gemeindeebene öfter gegen Entscheide der Volksvertreter «aufmuckten» und eine Abstimmung verlangten. Sind wir wirklich ein dermassen unzufriedenes Volk geworden, dass wir grundsätzlich «einfach gegen alles» sind? Sind wir tatsächlich ein Volk von Neinsagern, wie der Vorwurf in einem Leserbrief lautete?
Es ist sicher interessant und mehr als berechtigt nach dem «Warum?» zu fragen, wenn sich in einer Gemeinschaft der Widerspruch aus der Bevölkerung mehrt, bzw. wenn konkret immer häufiger das Referendum ergriffen wird. Wenn man sich die Antwort darauf nicht zu leicht macht und das Phänomen nicht einfach als Unzufriedenheit und «Neinsagertum» abtut, dürfte es nicht zuletzt für die politischen Parteien – erst recht natürlich vor anstehenden Wahlen – interessant sein, zu ergründen, was die Menschen bewegt, (immer häufiger) gegen Entscheide der Volksvertretung zu opponieren.
Eine entsprechende Analyse der Vorgänge ist aber nicht brauchbar, wenn diejenigen, die das Referendum ergreifen, als simple Neinsager abgestempelt werden. Niemand ergreift aus purer Lust am Dagegensein ein Referendum. Wenige Erkenntnisse fördert auch die letztlich suggestive Frage «wozu haben wir denn überhaupt Volksvertreter» zutage, denn diese Frage legt letztlich nahe, dass man den Volksvertretern und politischen Entscheidungsträgern doch vertrauen sollte. Man brauche sie bei den nächsten Wahlen ja nicht mehr zu wählen, wenn man mit ihren Entscheidungen nicht einverstanden sei, lautet das Argument.
Das Referendumsrecht macht unser System demokratischer als andere Demokratien
Wir sollten unser Referendumsrecht schätzen – und zwar nicht nur als Zugeständnis an eine «gefühlte» Minderheit von Neinsagern. Das Referendumsrecht macht unser System demokratischer als andere Demokratien. Es ist doch zu begrüssen, wenn das Volk – dank eines Referendums – in einer Sache abstimmen und nicht erst in ein paar Jahren die verantwortlichen Politiker gegebenenfalls abstrafen kann. Das Referendumsrecht kommt nicht nur den viel geschmähten Querulanten und Neinsagern zugute, sondern stärkt auch die Demokratie. Ein politisches System ist nicht so stabil, wenn Politiker und Mandatsträger einfach wieder abgewählt werden, wenn sie auch nur in einer Angelegenheit «falsch», um nicht zu sagen, gegen die Interessen einzelner Wähler, entschieden haben. Je mehr das Volk die Möglichkeit hat, in Sachfragen selber abzustimmen, umso weniger brauchen sich letztlich Politiker bei Wahlen vor dem Volkszorn zu fürchten.
Letzten Endes kann diese Einsicht auch jedem und jeder, der oder die sich politisch engagiert und exponiert, helfen, stupide Anpöbelungen, die man in der Politik immer wieder erfährt, wegzustecken. Auch die drei unabhängigen Gemeinderäte, die das Referendum «Tour de Ski vor’s Volk!» initiierten, sahen sich blödsinnigen persönlichen Angriffen ausgesetzt. In einem anonymen Brief wurde beispielsweise ein Mitglied des Referendumskomitees als «Möchtegern Politiker» und «Vollpfosten» beschimpft. Wenn die Dummheit – derjenigen, die das Referendum «Tour de Ski vor’s Volk!» lancierten – «Eis produzieren» würde, dann sei in Liechtenstein Eiszeit, so der anonyme Schreiber.
Sind demnach alle, die das Referendumsbegehren unterschrieben haben, Vollpfosten? Mindestens 1700 Vollpfosten? Und ein Volk von Neinsagern? Was für Vorwürfe werden
Leserbriefschreiber oder anonyme Briefschreiber erheben, sollte das Volk tatsächlich «nein» sagen zum Finanzbeschluss für die Durchführung von zwei Langlaufrennen im Vaduzer Städtle?