«du – die Unabhängigen»: Spaltung war ein Schock!

Dass der Verein «du – die Unabhängigen» auseinanderbrach, war für viele ein Schock. Was die Spaltung einer Partei hierzulande so schockierend macht, hängt wohl mit dem Mythos zusammen, mit dem Liechtenstein lebt: Wir sind ein kleines Land, man kennt einander, die Wege sind kurz. Das ist es, was unser Land zusammenhält.

Text: Pio Schurti

 

Der häufigste Kommentar, der nach der Spaltung der Unabhängigen zu hören war, tönte ungefähr so: Bei denen geht es jetzt gleich zu und her, wie bei den andern. Sind doch alles die gleichen.

Das war natürlich in erster Linie deutliche Kritik an Parteien und Politikern. Die Skepsis gegenüber Parteien und Politikern besteht mindestens seit Beginn der Demokratie. Die Gründerväter der Vereinigten Staaten von Amerika befürchteten, dass das demokratische System zu «factionalism» bzw. zur Zersplitterung der Gesellschaft in Sondergruppen führe. James Madison, der 4. Präsident und «Vater der Verfassung» Amerikas, warnte am 23. November 1787 im «Federalist», dass der Aufstieg und Fall von Fraktionen ein unausweichliches Problem in der Demokratie sei. «Die Neigung der Menschen, gegenseitigen Animositäten zu verfallen, ist so stark, dass dort, wo keine substanziellen Gründe vorliegen, die leichtsinnigsten und überspanntesten Meinungsverschiedenheiten ausreichen, um feindselige Leidenschaften und heftige Konflikte anzufachen.»

Kleiner Rückblick in die Politik-Geschichte Liechtensteins
Als feindselige, sozialen Unfrieden stiftendende Gruppe wurde denn auch die erste Partei Liechtensteins, die Christlich-Soziale Volkspartei (Vorgängerin der Vaterländischen Union) dargestellt. Das «Volksblatt» diente damals den Gegnern jeglicher Parteibildung als Sprach-rohr; man befürchtete die Zerstörung der Einheit des Landes und sträubte sich dementsprechend, eine Partei zu bilden, bis es nicht mehr anders ging: 1918, im ersten Wahlkampf in Liechtenstein, traten die «Parteiengegner» noch bewusst nicht als Partei, sondern nur als «Wahlliste» an, die im «Volksblatt» publiziert wurde. Die kolossale Niederlage der «Wahlliste» gegen die neue Partei mag dazu beigetragen haben, dass man noch im gleichen Jahr als Antwort auf die erste Partei die zweite Partei, die FBP, gründete.

Die Abneigung gegen politische Parteien blieb jedoch so gross, dass man das Wort (ausser z. B. im Sinne einer Partei vor Gericht) auch 1921 in der neuen Verfassung nicht verwendete; Liechtensteins Verfassung kennt bis heute keine politischen Parteien, sondern nur «Wählergruppen».

DU ist keine Partei im herkömmlichen Sinn
2012 trat eine Gruppe von Unabhängigen zum Wahlkampf an. Nachdem diese aus dem Stand vier Sitze im Landtag erobern konnten und um als politische Kraft anerkannt zu werden, gründeten sie den politischen Verein «du – die Unabhängigen – für Liechtenstein». Bis heute sehen sich die Unabhängigen nicht als Partei im herkömmlichen Sinne. Die Vereinsstatuten widerspiegeln die Abneigung gegen typische Parteistrukturen. Beispielsweise sollen gemäss Statuten nur gewählte Mandatare Vorstandsmitglieder des Vereins sein; von Vereinsmitgliedern wird verlangt, dass sie diese Statuten explizit anerkennen. Damit setzten die Unabhängigen das Zeichen, dass sie das Volk möglichst direkt, soweit wie möglich ohne eine Partei zwischen Wähler und Gewählte zu stellen, vertreten wollen. Irgendwie schwingt auch in dieser Absicht noch der Wunsch mit, der Spaltung des Volkes in verschiedene Parteilager nicht weiter Vorschub zu leisten.

Von du-Organisationsform fühlen sich Wähler/Innen angesprochen
Liechtensteins Wählerinnen und Wähler fühlten sich offenbar angesprochen von dieser Organisationsform. Sie setzten ihre Hoffnung in die Unabhängigen als neue Kraft, gaben ihnen vielleicht ihre Stimme im Vertrauen darauf, dass sie Liechtensteins Politik verändern könnten. Dass sie eben nicht gleich seien wie die andern und die Politik nicht gleich weitergehe wie mit den andern. Nicht zuletzt mit Blick auf die Gemeindewahlen erwarteten viele, dass die Unabhängigen auf dem Erfolg bei den Landtagswahlen 2017 aufbauen könnten. 

Dementsprechend gross war die Ernüchterung, als ausgerechnet am Staatsfeiertag der Riss, der seit Längerem durch die Fraktion der Unabhängigen ging, zur offenen Fraktur wurde. 

Meinungsverschiedenheiten, Uneinigkeit und leider auch Machtkämpfe lassen sich wohl in keiner politischen Gruppierung vermeiden. Vor allem jungen Parteien und, man darf wohl sagen, einer Partei, die sich als Verein von Unabhängigen versteht, fällt es offensichtlich schwer, zu einem Team zusammenzuwachsen.