Innerhalb von wenigen Jahrzehnten haben sich die Dorfbilder in den Liechtensteiner Gemeinden komplett verändert. Wo früher meistens alte vertraute Holzhäuser standen, nicht einmal alle wichtigeren Strassen geteert waren, und Kuhgebimmel durch die Dörfer hallte, sind heute schmucke neue Wohnhäuser, neue Strassenzüge und Erschliessungen entstanden.
Text: Herbert Oehri – Fotos: ZVG, Oliver Hartmann
Café Freiendorf in Mauren
Auch der vertraute Anblick aus der Kindheit von Rindvieh, Ziegen, Schafen und anderen Nutztieren ist verschwunden. Die Zeit schreitet ständig voran und die gewohnten Bilder aus der Jugendzeit kehren nie mehr zurück.
Egal welches Dorf wir in Liechtenstein aufsuchen, überall sieht man den Wohlstand und die Prosperität. Besonders bei der Betrachtung von Wohn- und Geschäftshäusern. Hier ist der Strukturwandel des Landes am besten abzulesen. Das Land ist unendlich reich. Allein im vergangenen Jahr lag die Zahl von Investitionen in die Immobilien bei über einer halben Milliarde Franken. Soviel wie noch nie in unserem Land. Überall entstehen Neubauten, viele Wohnungen stehen leer, man sprich von rund 1000 leeren Wohneinheiten. Und die Mietpreise sind exorbitant hoch.
Betrachten Sie die Fotos.
Auf den alten Bildern ist das ehemalige Gasthaus Café Freiendorf in Mauren an der Hauptverbindungsstrasse nach Eschen zu
sehen. Diese Aufnahme entstand in den 1930er-Jahren. Das Café Freiendorf ist 2014 abgebrochen worden.
Geschichtliches zum Freiendorf
Die zum Gänsenbach hin leicht abfallende Dorfstrasse machte früher beim Ortsteil Freiendorf, direkt beim Gasthaus «Freiendorf», einen jähen Knick gegen den Steinbös hin. Die geradlinige Fortsetzung war früher mit einem Gefährt nicht passierbar. Es war dort sehr sumpfig.
Lediglich ein schmaler Fussweg konnte bei trockener Witterung begangen werden. Durch Entwässern und Schottereinfüllungen um 1900 herum, wurde es möglich, dieses fehlende Zwischenstück als Strasse auszubauen. Man nannte diesen kurzen Strassenabschnitt noch lange Zeit das «Neusträssle». Heute heisst dieses Teilstück von Café Matt in Richtung Eschen «Peter-Kaiser-Strasse» und verbindet Mauren mit Eschen.
Die «Freien» Dörfler
Im Freiendorf wohnten, wie Geschichtskundige erklären, die sogenannten «Freien», also keine Leibeigenen der Landesherren. Sie hatten sich durch Freikauf oder Verdienste von der Leibeigenschaft loslösen können und waren auch von der Zehntabgabe (Steuer) befreit. Die Leibeigenschaft wurde in Liechtenstein 1808, die Frondienstpflicht 1848 aufgehoben.
Von 1653–1651 lebten etwa 100–120 Juden am Eschnerberg, viele davon in der Gemeinde Mauren. Es handelte sich um geflüchtete Juden aus Tirol, welche via Hohenems und Feldkirch nach Mauren kamen, wo sich vermutlich Synagoge und Friedhof befanden. Noch heute erinnert uns der Name «Judengasse» oder «Judenbühel» an diese Zeit. Die Juden wurden im «Dreissig-jährigen Krieg» von 1618–1648 von vielen in Europa verfolgt.
Die Juden lebten am Eschnerberg vom (Pferde)-Handel und waren im Gegensatz zu ihren Mitbewohnern im Lande «frei», obwohl sie verfolgt wurden. Nach Aufhebung des gräflichen Schutzes löste sich ihre Gemeinde auf. (Aus der Schriftenreihe «Menschen, Bilder & Geschichten- Mauren von 1800 bis heute», Autor: Herbert Oehri)
Zurück zu den Neubauten: Auf dem gleichen Gelände, wo einst das Gasthaus «Freiendorf» stand, wurden in den letzten 18 Monaten zwei Mehrfamilienhäuser mit jeweils sechs modernen und hochwertig gestalteten Wohnungen erstellt. Die Überbauung nennt sich «Opus» und liegt an sonniger und zentraler Lage in der Gemeinde Mauren. Wir haben dieses Wohneinheiten in der bau:zeit vom Mai 2018 näher vorgestellt.
«Alt-Vorsteher Meier-Huus» im Weiherring
Auf dem zweiten Bild sehen Sie einen alten Bauernhof (unten links) samt Stallungen im Weiherring in Mauren. Das grosse und um 1890 herum gebaute Landwirtschaftsgebäude gehörte seit 1912 dem alt-Gemeindevorsteher David Meier (1891–1986). David war von 1933–1948 umsichtiger Vorsteher von Mauren. Ihm haben wir den Bau der Wasserversorgung in der Gemeinde Mauren zu verdanken.
Geschichtliches
Das Fürsta-Huus im Weiher wurde der Vorgängerbau genannt. Karl Wilhelm Fürst von Altdorf (1805–1878), Bierbrauer, kaufte sich 1844 in Mauen um 170 Gulden ein. Er heiratete Antonia Welti (1813–1883). Die Nachkommen seiner Söhne leben in Vorarlberg. Ein Sprössling aus dieser Fürst-Familie ist der heutige Besitzer von Dr. Dr. Herbert Batliners Rechtsanwaltskanzlei. Er heisst Johannes Gasser, ist studierter Rechtsanwalt und ein Sohn der Eheleute Siegfried und Maria Gasser, geborene Fürst. Siegfried Gasser *1941 war Vorarlberger Landtagspräsident und viele Jahre Bregenzer Bürgermeister.
Das alte Fürsten-Haus im Weiher Nr.65 alt stand auf dem Stallvorplatz. Das Wohngeschoss war ebenerdig.
Von Mündle durch Heirat zu den Meiers
Hans Mündle (1844–1924) war mit Karolina Fürst (1846–1912) verheiratet. Im Jahre 1882 tauschte er sein neu erstelltes Haus im Neusträssle Nr.138 mit dem Anwesen seines Schwagers Franz Joseph Fürst im Weiher Nr.65alt/77neu. Franz Joseph Fürst wanderte 1884 nach den USA aus.
Hans Mündle baute neben dem alten Fürsten-Haus Nr.77 neu ein neues Haus um 1890. Für seinen Sohn Johann Mündle (1873–1951), welcher das Schmiedehandwerk erlernt hatte, wurde eine Schmiede-Werkstatt eingerichtet. Nach Fertigstellung des neuen Wohnhauses wurde das alte Haus abgerissen. (Quelle: Die alten Häuser von Mauren 1800–1900, von Hans Jäger).
Die älteste Tochter von Hans und Karolina Mündle-Fürst, Maria Mündle (1880–1954) heiratete 1916 David Meier (1891–1986), von Beruf Landwirt und Gemeindevorsteher und so kam das ehemalige kleine Fürstenhaus in den Besitz der «Schmed» -Meier-Familien.
Beim Neubau der Wohnüberbauung vor zwei Jahren mussten die alten Stallungen bis auf das Wohnhaus am Weiherring Haus.Nr.127, früher 77, abgerissen werden. Es entstand dort ein modernes Mehrfamilienhaus in zentraler Lage, nahe der Kirche, Schule und Post.