3 Fragen an …

… Liechtensteins Politik.

 

3Fragenan…

Stichwort «Erfreuliche Jahresrechnung 2017»: Sind Sie erstaunt, dass die Jahresrechnung 2017, nach einem budgetierten Verlust von 7 Mio. Franken, nun mit 170 Mio. deutlich in der Gewinnzone abschliesst? Sollte dem Volk aus dieser erfolgreichen Jahresrechnung 2017 wenigstens ein Teil zurückgegeben werden? Und wenn Ja, in welche Bereiche würden Sie investieren? 
Unsere Wirtschaft und vor allem die ganz grossen Unternehmen haben ein hervorragendes Jahr hinter sich. Dies hat sich positiv auf die Steuereinnahmen ausgewirkt. Trotzdem bin ich überrascht, dass wir in einem so erfolgreichen Jahr – bei Einnahmen und Ausgaben von rund 800 Mio. – nicht einen deutlich höheren operativen Gewinn machen konnten. Um die Steuern auch zukünftig niedrig halten zu können, muss das Wachstum des betrieblichen Aufwands deshalb unter Kontrolle gehalten werden.
Massgeblich wurde das Ergebnis durch das positive Finanzergebnis, sprich von Börsengewinnen, geprägt. Wiederkehrende Ausgaben und somit Verpflichtungen aufgrund von Börsengewinnen einzugehen, ist für mich keine verantwortungsvolle Politik. In den nächsten Jahren muss jedoch mit einem höheren Investitionsbedarf gerechnet werden. Sinnvolle Ausgaben, die unseren Bürgern zugutekommen, begrüsse ich ausdrücklich. Dafür dürfen wir auch Staatsvermögen einsetzen.
Für mich sind aktuell zwei Themen zentral: Einer der Schlüssel für die Zukunft unserer Kinder und letztlich unseres Landes ist die Bildung. Mit der aktuellen Schulbautenstrategie schaffen wir Platz für grosses Entwicklungspotential im Schulwesen. Handlungsbedarf sehe ich auch in der Gestaltung des letzten Lebensabschnitts der Bevölkerung Liechtensteins. Neue Wohnformen und die Pflege im Alter benötigen Planung und in Zukunft auch neue Finanzierungsmodelle.
Der Regierungschef hat sich gegenüber dem Budget 2017 um 177 Millionen in der Erfolgsrechnung verrechnet und gerade er spricht der VU die Finanzkompetenz ab. Das überraschend positive Ergebnis der Landesrechnung kann zwei Schlüsse zulassen: eine unerwartet positive Börsenentwicklung oder es wurde zu viel gespart!
Die guten Wirtschaftsprognosen waren zum Zeitpunkt der Budgetierung ja bekannt und jedermann hätte aufgrund der Staatsreserven und der Renditen an den Börsen ein starkes Ergebnis in diesem Ausmass prognostizieren können.
Diese Fehlkalkulation zeugen damit nicht von einer hohen Budgetsicherheit,  oder war Absicht im Spiel?
JA. Jetzt ist klar die liechtensteinische Bevölkerung an der Reihe. Nach den Jahren des Sparens gilt es eine gestaltende Politik für die Menschen zu betreiben und sinnvolle und nachhaltige Investitionen in die Zukunft zu tätigen. Die nun vorliegende Landesrechnung bestätigt, dass dies im Hinblick auf den Staatshaushalt notwendig und auch möglich ist.
Es ist unbestritten, dass wir auch in Infrastrukturprojekten investieren wollen und auch müssen. Es gilt ebenso nachhaltige Schwerpunkte zur Lösung der brennenden sozialen und gesellschaftspolitischen  Fragen, welche auch der Erbprinz Alois in seiner Thronrede mit Blick auf den demografischen Wandel ausgeführt hatte, mit Inhalten zu besetzen. Die Fraktion der Vaterländischen Union hat dies mit dem angekündigten «Bürgerpaket» bereits kommuniziert, dass hier Massnahmen gesetzt werden wollen. Nach den Jahren des schmerzvollen Sparens dürfen die Bürgerinnen und Bürger nicht vergessen werden, wenn es um sinnvolle Investitionen in die Zukunft geht!
Das Ausmass der Abweichung überrascht. Es widerspiegelt die Tatsache, dass bei der vorsichtigen Budgetierung nur die Ausgaben kontrollierbar sind, die Einnahmen weit weniger. Der Gewinn resultiert fast ausschliesslich aus den Finanzanlagen. Es sind unrealisierte Buchgewinne. Betrieblich, operativ liegen die Einnahmen nur 1.5 % oder 11 Millionen Franken über den Ausgaben.  
Wie erläutert, der effektive-operative Erfolg der Jahresrechnung ist ‹nur› 11 Millionen Franken. Auf dem heutigen Niveau darf man sich allerdings fragen, wieviel Reserven Staat und Gemeinden anhäufen sollen. Spielraum ist vorhanden, um über sinnvolle Ausgaben und Investitionen nachzudenken. Für kluge Entscheide fehlen oft die Voraussetzungen: eine Koordination zwischen Land und Gemeinden, eine Raumplanung und eine einheitliche Vision für Liechtenstein. 
Es sind Projekte in Abklärung: zu Altersvorsorge mit Pflege und Betreuung, Investitionen in die Infrastruktur (Verkehr, Schule, Gesundheitswesen). Konsens herrscht bei der Familienförderung. Bei den Krankenkassenprämien könnten Alleinerziehende, Familien und Senioren – die Schwächeren unserer Gesellschaft – am wirkungsvollsten entlastet werden – unabhängig davon, ob mit einem höheren Staatsbeitrag an die Krankenkassen oder mit erwerbsabhängigen Krankenkassenprämien.
Die Jahresrechnung 2017 schliesst gegenüber dem Budget 2017 mit einer Abweichung von rund 180 Mio. Franken ab. Prognostiziert war ein Minus von 7 Mio. Franken, abgerechnet wurde mit einem Plus von 170 Mio. Franken. Da muss sich der Finanzminister die Frage gefallen lassen, wie diese Fehlkalkulierung passieren kann? Wurde in Vergangenheit mit tiefgestapelten Staatsbudgets nachgeholfen, bei den Landtagsabgeordneten die Zustimmung zu den rigorosen Sparmassnahmen einzuholen? 
Es ist wichtig, dass Staat ein gutes Reservepolster anlegt, dieses bewegt sich aktuell auf der Rekordhöhe von 1.8 Mia. Franken. Der Staat hat nicht die prioritäre Aufgabe, horrend mehr anzuhäufen, als dies in der Bewältigung all seiner staatlichen Aufgaben notwendig ist. In Zeiten der Sparpakete wurde die Bevölkerung stark partizipiert, finanzielle Einschnitte mitzutragen. So ist es aus meiner Sicht angezeigt, dass der Staat bei einem Plus von 180 Mio. Franken den Menschen etwas zurückgibt.
Dass in Infrastrukturen, Verwaltungsgebäude, Verkehrsnetz usw. investiert werde, wie dies der Regierungschef ausführte, ist die eine Seite. Auf der anderen Seite ist die finanzielle Anspannung nach den Sparmassnahmen, den höheren Krankenkassenprämien, den schleichenden Steuerhöhungen bei Gebühren etc. beim Mittelstand, bei Alleinerziehenden wie auch bei Menschen mit tieferen  Einkommen sehr angespannt. Die Regierung und der Landtag sind aufgefordert, sich für diese Bevölkerungsschichten einzusetzen.
Sicher darf man positiv überrascht sein. Erfreulich ist, dass man nun schon das dritte Jahr ein positives operatives Ergebnis ausweisen kann. Im Jahr 2017 waren es 11 Mio. Franken, im 2016 5 Mio. und im 2015 28 Mio.
Betrachtet man die operativen Gewinne und die unbeständigen Finanzgewinne, werden die Grenzen allerdings schnell wieder sichtbar.
Hier werden wohl die Meinungen auseinandergehen. Die operativen Gewinne sind zwar da, aber nicht in einer Höhe, welche es zulässt, jährlich laufende Kosten zu decken. Der Hauptteil der Gewinne stammt aus dem Finanzergebnis, nämlich 160 Mio. Franken, wovon 108 Mio. nur Buchwerte, d. h. nicht realisierte Gewinne sind. Solche Buchwerte sind einmalig und sehr volatil und können sich daher sehr schnell wieder in Luft auflösen. Solche Gewinne sind leider nicht geeignet, um damit laufende Kosten zu decken.
Seit Jahren sind die Investitionen, die das Land tätigt, auf einem sehr bescheidenen Niveau, im vergangenen Jahr wurden rund 32 Mio. Franken dafür aufgewendet. Persönlich würde ich vor allem in die Infrastruktur investieren, so dass kommende Generationen auch profitieren können. Die Regierung steht aber diesbezüglich zu stark auf der Bremse, dies hat sich gerade bei der Tunnelsanierung gezeigt, wo die Regierung es verpasst hat, einen vernünftigen Tunnel zu bauen. Selbst die Tunnels ins hinterste Safiental sind breiter und höher als unser Tunnel in den Steg.