Der Streit zwischen Regierung und Ärzten ist vorbei
Nach monatelangem Streit, welcher der breiten Bevölkerung ernsthaft auf den „Geist“ ging, scheint es nun – nach ein paar Scharmützel – mit dem OK-Streit vorbei zu sein. Gott sei Dank kann man da nur sagen. Und daran tun die Kontrahenten auch gut, denn nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland hat dieser Streit zwischen Regierung und Ärzten aufhorchen lassen. Die einen sollen sich um die Wahlen kümmern und die anderen um ihrer Patienten, meinte ein guter Freund aus der benachbarten Region, der diese Machtspiele mit verfolgt hat. Jeder wird sich seine eigenen Gedanken machen.
Lesen Sie nachstehend die Medienmitteilung der Liechtensteinischen Aerzteschaft von heute Nachmittag:
- Rückwirkende Einführung von tarmed vorbehaltlich KVV-Erlass beschlossen
- Umstellung und Rückabwicklung umgehend nach KVV-Erlass
- Rechnungen werden bis zum KVV-Erlass zurückgehalten
- Psychiatrische Versorgung in Gefahr
Vaduz,19. Januar 2017 – Die 38. Plenarversammlung der Ärztekammer hat am 18. Januar den Weg für eine Lösung des OKP-Streits geebnet. Der zwischen Kammervorstand und Regierungsvertretern ausgearbeitete Entwurf der Krankenversicherungsverordnung (KVV) mit Stand 10. Januar wurde von der Plenarversammlung zustimmend zur Kenntnis genommen. Die Plenarversammlung hat beschlossen, dass die Ärzteschaft wieder in die OKP eintreten wird, sobald die Regierung die KVV in der Fassung vom 10. Januar erlassen hat.
Ebenso hat die Plenarversammlung beschlossen, tarmed bei einem Wiedereintritt in die OKP rückwirkend auf 1. Januar 2017 anzuwenden. Bis zur Entscheidung der Regierung, die nun innert nützlicher Frist erwartet wird, werden die Rechnungen in den Praxen zurückgehalten. Eine direkte Abrechnung mit den Krankenkassen er-folgt nach Erlass der KVV in der Fassung vom 10. Januar und dem damit verbundenen Wiedereintritt in die OKP.
Aufgrund teilweise unzutreffender Aussagen der letzten Tage sind einige Punkte Seitens der Kammer richtig-zustellen.
Richtigstellung I
Der Regierungschef hat jüngst verkündet, dass er nicht nachvollziehen könne, dass der Kammervorstand nun doch die von ihm letzte Woche eingeforderte Empfehlung, tarmed anzuwenden, ausgesprochen habe. Hier scheint ein Missverständnis beim Regierungschef vorzuliegen: Dieser hat vom Kammervorstand eingefordert, über einen Beschluss der Plenarversammlung (höchstes Organ der Ärztekammer) hinwegzugehen und die sofortige Anwendung von tarmed zu empfehlen. Die Empfehlung des Vorstands vom 16. Januar, tarmed nach dem Erlass der KVV rückwirkend auf 1. Januar 2017 einzuführen, war hingegen eine Empfehlung an die Plenarversammlung, einen Beschluss zu fassen. Diese beiden Sachverhalte unterscheiden sich diametral, hier ist der Regierungschef offensichtlich einem Irrtum auferlegen.
Ebenso hat der Regierungschef lediglich die sofortige Anwendung von tarmed gefordert. Dies hätte jedoch zu finanziellen Konsequenzen für die Patienten geführt, da die Rechnungen vom Januar von den Krankenkassen nicht bezahlt worden wären. Daher ist die Ärztekammer einen Schritt weitergegangen und hat die rückwirkende Einführung von tarmed beschlossen, da nur so die Patienten vor finanziellen Konsequenzen bewahrt werden können. Die sofortige Einführung von tarmed hätte dieses Problem nicht gelöst.
Richtigstellung II
Die Regierung spricht nun davon, die Krankenversicherungsverordnung (KVV) zu „präzisieren“. In Wahrheit wird die Regierung eine Verordnungsanpassung verabschieden, die die ärztliche Entscheidungsfreiheit explizit schützt. Dabei handelt es sich also um keine „Präzisierung“ sondern um einen Paradigmenwechsel bei der
Regierung, welche bisher vorgesehen hat, dezidiert in die ärztliche Entscheidungsfreiheit einzugreifen. Die Ärztekammer begrüsst diesen Richtungswechsel der Regierung ausdrücklich. Leider konnte die Erkenntnis, dass unter dem Deckmantel der Bedarfsplanung nicht in die ärztliche Entscheidungsfreiheit eingegriffen wer-den darf, nicht schon vor einigen Monaten gewonnen werden. Der aktuelle Konflikt wäre vermeidbar gewesen, wenn die Regierung die ihr nun leicht fallende Verordnungsausgestaltung bereits im Herbst 2016 umgesetzt hätte.
Richtigstellung III
Der Gesellschaftsminister wird nicht müde, der Ärztekammer vorzuwerfen, dass sie den Zeitpunkt taktisch günstig gewählt habe, da Landtagswahlen anstehen würden und der Landtag bereits geschlossen worden sei. Die Ärztekammer hält an dieser Stelle erneut fest, dass das Gesellschaftsministerium allein den Zeitpunkt bestimmt hat. Die Ärztekammer hat das Gesellschaftsministerium über Monate aufgefordert, die KVV im Entwurf vorzulegen. Das Ministerium hat sich aber bis Mitte November 2016 Zeit gelassen, um die Verordnung vorzulegen. Den Zeitpunkt hat also allein das Ministerium zu verantworten. Es hilft nicht, immer wieder das Gegenteil zu behaupten, dadurch ändern sich die Fakten nicht.
Richtigstellung IV
Auch die Unterstellung, dass die Ärztekammer versuche, die Wahlen dahingehend zu beeinflussen, dass das Gesellschaftsministerium in neue Hände wechsle, ist abwegig. Die Ärztekammer ist politisch neutral, die politische Farbe des Ressortinhabers ist irrelevant. Die Ärztekammer ist lediglich an einer guten, vertrauensbasierten und lösungsorientierten Zusammenarbeit mit dem Ressortinhaber interessiert.
Ausblick
Die Plenarversammlung hat sich darüber hinaus an der Sitzung ausführlich mit der möglichen zukünftigen Ausgestaltung des Gesundheitswesens befasst. Es ist offensichtlich, dass im Gesundheitswesen noch viele Probleme bestehen, welche zeitnah mit grossem Engagement anzugehen sind. Vordergründig ist dies die sofortige Verbesserung der psychiatrischen Versorgung. Die Implementierung von tarmed kann nur durch die Einbettung in entsprechende Rahmenbedingungen wirksam erfolgen. Im Bereich der Psychiatrie ist die Implementierung von tarmed aufgrund unterschiedlicher Rahmenbedingungen in Liechtenstein und der Schweiz mit negativen Konsequenzen verbunden. Hier sind die Akteure des Gesundheitswesens gefordert, umgehend Lösungen zu erarbeiten, welche eine vollumfängliche und systemtaugliche Einbettung von tarmed ermöglichen. Andernfalls ist die (sozial-)psychiatrische Versorgung in Kürze nicht mehr gesichert. Die Ärztekammer wird mit umgehend mit Lösungsvorschlägen an die Verantwortlichen herantreten.