Ärzteschaft wird Rechnung auf Wunsch des LKV direkt den Kassen zustellen
Der vom Ministerium übermittelte zweite Entwurf beseitigt Eingriffe in ärztliche
Behandlungs- und Therapiefreiheit nicht.
Ärzteschaft hält an Nicht-OKP-Status ab 1. Januar 2017 fest.
Ärzteschaft wird Rechnung auf Wunsch des LKV direkt den Kassen zustellen.
Das Ministerium für Gesellschaft hat der Ärztekammer am Montagabend einen zweiten Entwurf für die Krankenversicherungsverordnung (KVV) zur Stellungnahme binnen zwei Tagen übermittelt. Die Ärztekammer hat den Entwurf geprüft und die Stellungnahme innert der gesetzten Frist beim Gesellschaftsministerium und beim Regierungschef eingereicht.
Verordnungsinhalt – keine substantiellen Verbesserungen
Nach Prüfung der im Vergleich zum ersten Entwurf vorgenommen Änderungen musste die Ärztekammer feststellen, dass durch die zweite Version die von der Ärzteschaft kritisierten Eingriffe in die ärztliche Behandlungs- und Therapiefreiheit nicht beseitigt werden. Der Wortlaut wurde zwar abgeschwächt und die Detailumsetzung den Tarifpartnern aufgetragen, der Inhalt der umstrittenen Bestimmungen bleibt jedoch unverändert bestehen.
Weiterhin sieht die Verordnung vor, dass Kriterien zur Abgrenzung von Teil- und Vollzeitstellen von den Tarifpartnern zu erarbeiten sind. Durch diese Vorgabe ist die Umsetzung eines Arbeitszeitmodells unausweichlich. Das Wort scheint zwar im zweiten Verordnungsentwurf nicht mehr auf, die Pflicht zur Erarbeitung von Abgrenzungskriterien führt jedoch zwangsläufig zu einem Arbeitszeitmodell. Die Ärztekammer hat anlässlich der Besprechung mit Regierungsrat Pedrazzini und Regierungschef Hasler dezidiert festgehalten, dass sich ein Arbeitszeitmodell nicht mit einer selbständigen Berufsausübung vereinbaren lässt. Der Regierungschef zeigte sich für dieses Argument sehr empfänglich, dennoch wird in der zweiten Version indirekt die Einführung eines Arbeitszeitmodells aufgetragen.
Ebenso verhält es sich mit der von der Ärzteschaft kritisierten Stellenbeschreibung. Auch diese ist im zweiten Verordnungsentwurf verpflichtend vorgesehen. Während noch im ersten Entwurf die Regierung klare inhaltliche Vorgaben gemacht hat, ist im zweiten Entwurf nun vorgesehen, dass die Tarifpartner LKV und Ärztekammer eine Stellenbeschreibung umzusetzen haben. Die Ärztekammer ist somit zwar Verhandlungspartner, aufgrund der klaren Positionierung des LKV bezüglich der Einschränkung der ärztlichen Behandlungs- und Therapiefreiheit ist aber vorhersehbar, dass keine Einigung erzielt werden kann.
Dann wiederum greift die subsidiäre Kompetenz der Regierung und diese kann bzw. muss die Bedarfsplanung und die zugrundeliegenden Bedingungen selbst festlegen. Dadurch ist wahrscheinlich, dass es mit zeitlicher Verzögerung zu einer Einführung von einschneidenden Eingriffen in die ärztliche Behandlungs- und Therapiefreiheit kommt. Aus diesen Gründen unterscheidet sich der zweite Verordnungsentwurf substantiell nicht wesentlich vom ersten Entwurf. Die Intention, das ärztliche Handeln einzuschränken, bleibt auch mit dem zweiten Entwurf bestehen.
Aufgrund des Gesprächs mit dem Regierungschef, im Beisein von Gesellschaftsminister Pedrazzini, in welchem die Ärztekammer ausführlich dargelegt hat, welche Eingriffe in die ärztliche Entscheidungssphäre die Ärzteschaft nicht akzeptieren kann, ist die Ärztekammer von einem zweiten Entwurf ausgegangen, welcher klar festhält, dass die ärztliche Berufsausübung nicht durch die Sozialversicherung OKP eingeschränkt wird und im Sinne von „Negativkriterien“ in der Verordnung festgelegt wird, welche Eingriffe die Tarifpartner eben nicht vereinbaren dürfen. Damit hätte die Regierung ein klares Signal zur Achtung der ärztlichen Behandlungs- und Therapiefreiheit setzen können ohne damit das vom Volk be-schlossene KVG zu unterlaufen.
Entscheid bleibt bestehen
Da die Verordnung weiterhin massive Einschnitte in die ärztliche Behandlungs- und Therapiefreiheit vor-sieht, hält die Ärzteschaft am Entscheid fest, ab 1. Januar 2017 nicht mehr in der OKP tätig zu sein. Dazu bedarf es keiner Kündigung, wie vom LKV aktuell immer wieder kommuniziert wird. Die Ärzteschaft scheidet per 1. Januar 2017 geschlossen aus der OKP aus.
tarmed
Die Ärztekammer hält nochmals fest, dass die Ärzteschaft den Volksentscheid, tarmed in der OKP einzuführen, respektiert. Ausserhalb der OKP ist tarmed jedoch nicht verpflichtend und daher wird durch die Beibehaltung des liechtensteinischen Arzttarifs der Volksentscheid nicht untergraben. Es erscheint der Ärzteschaft aktuell nicht zielführend, ausserhalb der OKP tarmed anzuwenden, wenn der Gesellschaftsminister selbst einen Kostenschub durch tarmed für möglich hält. Aufgrund der auf 1. Januar markant ansteigenden Kostenbeteiligung mit einer Mindestfranchise von 500 Franken sieht sich die Ärzteschaft veranlasst, in der aktuellen Situation für Kostenstabilität durch den etablierten Tarif zu sorgen, statt einen Kostenschub durch einen Tarifwechsel zu riskieren. Die Einführung von tarmed in der OKP auf 1. Januar 2017 ist jedoch unbestritten und innerhalb der OKP wird tarmed zwingend anzuwenden sein.
Rechungsstellung
Die Ärztekammer hat den Mitgliedern heute empfohlen, die Rechnung direkt an die Krankenkassen zu übermitteln. Obwohl die direkte Abrechnung mit den Krankenkassen ausserhalb der OKP rechtlich eigentlich nicht erlaubt ist, wird die Ärzteschaft dem Wunsch des LKV und der Patienten nachkommen und die Rechnung direkt an die Krankenkassen weiterleiten, Schuldner bleibt ausserhalb der OKP weiterhin der Patient. Die Krankenkasse leistet jedoch die Zahlung statt des Patienten. Da sich ab 1. Januar alle Ärzte ausserhalb der OKP befinden, werden sämtliche Ärzte ihre Rechnungen an die zuständigen Krankenkas-
sen übermitteln. Gemäss LKV und Regierung geniessen die Patienten auch am 1. Januar Kostensicherheit, die Ärzteschaft wird nun durch die Weiterleitung der Rechnung an die Krankenkassen den administrativen Aufwand vom Patienten fernhalten.
Ausblick
Die Ärzteschaft bedauert, dass sich der offene Austausch mit Regierungschef Adrian Hasler nicht im zweiten Entwurf der KVV widerspiegelt. Die Ärzteschaft ist weiterhin offen für Gespräche, kann aber die geplanten Eingriffe in die ärztliche Behandlungs- und Therapiefreiheit grundsätzlich nicht akzeptieren. Eine Lösung der aktuellen Problematik kann erst auf den Weg gebracht werden, wenn sich die Regierung klar zur Achtung der ärztlichen Berufsfreiheit bekennt und dies auch rechtlich sicherstellt. Mitgeteilt von der Ärztekammer, 21.Dezember 2016.