Man muss nicht in Liechtenstein geboren und aufgewachsen sein, um diesem Land zu dienen und sein Lob in die Welt zu tragen! Den lebenden und liebenswürdigen Beweis dafür liefert uns Renate Wohlwend (Jahrgang 1952) aus Schellenberg. 1993 wurde sie erstmals als FBP-Abgeordnete in den Landtag gewählt, dem sie über mehrere Amtsperioden bis 2013 angehörte. Zu den Höhepunkten ihres politischen Lebens gehörte u.a. die Wahl an die Spitze des Menschenrechts-Ausschusses der parlamentarischen Versammlung des Europarats.
Interview: Fürstlicher Rat Walter-Bruno Wohlwend
Vor zwei Jahren wurde Dr. Renate Wohlwend von der Regierung zur Präsidentin des Stiftungsrates des Liechtensteinischen Landesmuseums berufen. Etwa zeitgleich wählte sie der Liechtensteiner Seniorenbund in seinen Vorstand.
Liebe Renate, Du bist in der Nähe von Wien geboren und aufgewachsen. Dort hast Du studiert und Dein Doktorrat als Juristin erworben. Wann hast Du das erste Mal von Liechtenstein gehört?
Renate Wohlwend: Das war Ende der 1960er-Jahre im Sommer. Wir verbrachten Familienferien in St. Christoph am Arlberg. Mein Vater organisierte gern Ausflüge in die Umgebung. Einer davon führte uns nach Liechtenstein. Ich erinnere mich noch ziemlich gut an das Hotel Linde in Schaan und dann natürlich an das Schloss über Vaduz und wie mein Vater über die liechtensteinische Staatsform referierte. Als ich später meinen Mann kennenlernte, war mir der Name Liechtenstein deshalb schon vertraut.
Eine Schicksals-Begegnung in Wien?
Nein, ziemlich in der Nähe! Um mein Studium mit zu finanzieren, arbeitete ich im Sommer jeweils ein paar Wochen als «Saaltochter» in der Schweiz. Der Ferienjob führte mich 1975 ins Hotel Schweizerhof nach Lenzerheide. Dort begegnete ich Heinz Wohlwend aus Schellenberg. Bald danach haben wir geheiratet und hatten eine gute gemeinsame Zeit. Auch später, als sich unsere privaten Wege wieder trennten. Mit Heinz und seiner Familie verbindet mich seither eine bleibende Freundschaft.
Liechtenstein und die Gemeinde Schellenberg sind Dir zur bleibenden Heimat geworden, für die – wie Du oft betonst –Dein ganzes Herz schlägt. Was hat sich in unserem Land in den letzten vierzig und mehr Jahren aus Deiner Sicht geändert?
Äusserlich hat sich praktisch alles verändert. Die Zahl der Einwohner meiner Heimatgemeinde Schellenberg, heute rund 1’100, hat sich praktisch verdoppelt, jene der Motorfahrzeuge im Land vervielfacht (rund 42’000) und der Wohlstand ist unübersehbar und vergleichsweise breit gestreut. Freilich hat sich nicht alles nur zum Vorteil entwickelt. Was man früher im weitesten Sinne als Handschlag-Qualität bezeichnete, hat meines Erachtens unter dieser Entwicklung eher gelitten; wenn sie nicht sogar ganz verloren gegangen ist!
Als Vorsitzende unserer Parlamentarier-Delegation im Europarat und Mitglied des Parlamentarier-Komitees der EFTA- und EWR-Mitgliedstaaten sowie weiteren Engagements in der europäischen Politik warst Du alles eher als eine Hinterbänklerin. Und als bislang einzige Liechtensteinerin wurdest Du vor drei Jahren zum Ehrenmitglied der Parlamentarischen Versammlung in Strassburg ernannt! Bist Du stolz darauf?
Stolz zu sein, ist nicht meine Art. Aber diese Ehrung hat mich selbstverständlich sehr gefreut, für unser Land und natürlich auch für mich selbst. Es war der «Lohn» für meine und unsere langjährige Mitarbeit in verschiedenen Ausschüssen und für die Berichterstattungen, bei denen ich federführend sein durfte. – Das ebenfalls Schöne und Besondere daran ist, dass unser Land, seit 1978 – also seit bald 40 Jahren – Vollmitglied des Europarates, durch unsere Mitwirkung in diversen Gremien seither immer wieder Gegenstand von positiven Erwähnungen in wichtigen internationalen Medien ist!
Welche politischen Themen verfolgst Du heute – sozusagen im politischen Unruhestand – mit besonderem Interesse?
Im Zusammenhang mit meinen Engagements für das Landesmuseum und für den Seniorenbund verfolge ich die Entwicklungen in den kulturellen und sozialpolitischen Bereichen unseres Landes mit besonderem Interesse. Dazu gehört auch meine Mitarbeit in der FBP, die mein Leben im öffentlichen Interesse stets besonders gefördert hat. Durch mein politisches Mandat durfte ich viele interessante Begegnungen und Erfahrungen machen, die meinen persönlichen Horizont erweitert und meine Weltanschauung beeinflusst haben.
Im Parlament des Europarates gehörtest Du der Fraktion der europäischen Volksparteien an, daheim der Landtagsfraktion der FBP. Wie wichtig sind Fraktionen in einer Volksvertretung?
Im Inland noch wichtiger als im Europarat. In der Fraktion arbeiten die Abgeordneten einer Partei zusammen. Man darf, ja, muss sogar unterschiedliche Meinungen vertreten, schliesslich aber den Konsens finden. Die Wählerinnen und Wähler der jeweiligen Partei erwarten, dass ihre politischen Vertreter für die Umsetzung ihrer Wahlversprechen einstehen. Also ist die Geschlossenheit der Fraktionen grundsätzlich sehr wichtig.
Du stehst heute, sozusagen auf einem Höhepunkt in Deinem Leben. Macht man sich in dieser Situation eigentlich noch Gedanken über die eigene Zukunft?
Selbstverständlich. Und zwar nicht nur über das eigene Leben, sondern auch über das Geschehen in der Gemeinde und im Land. Ich geniesse es, dass ich jetzt mehr Zeit habe: Privat, beruflich und für die verbleibenden Aufgaben im Stiftungsrat des Landesmuseums und im Vorstand des Seniorenbundes. Ich werde mich auch weiterhin für die öffentliche Sache einsetzen und mich künftigen Herausforderungen des Lebens stellen!